Gender Knowledge and Knowledge Networks in International Political Economy
Wissen ist Macht – diese Einsicht ist genauso alt und akzeptiert wie die Tatsache, dass umgekehrt das, was als nützliches und allgemein anerkanntes Wissen gilt, wesentlich durch jeweils vorherrschende Machtkonstellationen strukturiert und mitdefiniert wird. Das Konzept des Gender Knowledge (Geschlechterwissen) ist hingegen relativ neu und wurde vor einigen Jahren in der deutschen Soziologie entwickelt. Es postuliert, dass jegliche Form des Wissens (unbewusst) bereits durch spezifische Geschlechterverhältnisse und -konstellationen vorstrukturiert und beeinflusst ist. Aus feministischer und diskurstheoretischer Sicht ist diese Einsicht deshalb von großer Bedeutung, weil sie impliziert, dass bereits die Analyse policy-relevanter Diskurse durch implizite genderbezogene Normvorstellungen des Analytikers niemals objektiv sein kann. Mit diesem Band wird das Konzept des Geschlechterwissens aufgegriffen, und seine Implikationen für unterschiedliche empirische Felder der (internationalen) politökonomische Forschung werden diskutiert. In den ersten zwei Beiträge stellen die Autoren zunächst das Konzept des Gender Knowledge ausführlich vor und diskutieren den Einfluss von Wissensnetzwerken auf den Policy-Prozess. In den übrigen Beiträgen werden auf der Grundlage des Gender-Knowledge-Konzepts so unterschiedliche Themen wie die Politik internationaler Entwicklungsorganisationen, Migrations- und Umweltpolitiken, die internationalen Finanzmärkte oder auch die europäische Agrarpolitik analysiert. Zusammengenommen macht der Band deutlich, dass trotz feministischer Bewegung und Fortschritten in der Gleichstellungspolitik vor allem jene Felder noch weitgehend traditionell geschlechterstrukturiert sind, in denen es zum Teil am wenigsten erwartet wird. Das Konzept des Geschlechterwissens ist demnach in doppelter Weise von Bedeutung: Zum einen zeigt es, dass wir von einer wirklichen Gleichstellung der Geschlechter noch meilenweit entfernt sind; zum anderen eröffnet es neue und fruchtbare Perspektiven auf viele unterschiedliche sozialwissenschaftliche Forschungszweige. Das Buch bietet damit neue Denkanstöße nicht nur für die Geschlechterforschung selbst, sondern generell für alle, die an politökonomischen Fragestellungen interessiert sind.