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Sabine Hess / Bernd Kasparek

Grenzregime. Diskurse, Praktiken, Institutionen in Europa

Berlin/Hamburg: Assoziation A 2010; 291 S.; 18,00 €; ISBN 978-3-935936-82-8
Die Erstürmung der spanischen Enklaven Ceuta und Melilla durch Migranten im Jahr 2005 hat die Konfliktträchtigkeit der Vorverlagerung des europäischen Grenzregimes deutlich gemacht. In diesem Band des Netzwerks kritische Migrations- und Grenzregimeforschung untersuchen die Autoren Diskurse, Dynamiken und Akteure des Grenzregimes. Sie argumentieren dabei aus der Überzeugung heraus, es gebe ein Recht auf grenzüberschreitende Mobilität. Der Politikwissenschaftler Paolo Cuttitta betrachtet in seinem für den Band sehr beispielhaften und dichten Beitrag das europäische Grenzregime in seiner Wechselwirkung zur Globalisierung. So sei die Europäisierung des Grenzregimes ebenso als ein Teilprozess des gesamten Europäisierungsprozess zu betrachten wie auch als ein Aspekt der Globalisierung des Migrationsregimes. Grenzmanagement sei auf allen Kontinenten zu beobachten. Ein zentraler äußerer Aspekt der Europäisierung des Grenzregimes sei die Einbeziehung von Drittstaaten, „der Fall Libyen ist dafür beispielhaft“. Dort komme es seit 2003 auf Druck der EU zu „Massendeportationen“ (26) von 50.000 Menschen jährlich. Das Grenzregime werde delokalisiert, also räumlich verschoben und externalisiert, also anderen Staaten und privaten Akteuren überantwortet. Damit sei eine zentrale Transformation angesprochen: „Die Grenzen der EU verändern sich insofern, als die Konzentration auf die offiziellen Grenzlinien längst nicht mehr genügt“ (35). Es treten zum Beispiel Abschiebelager oder Haftanstalten in Transitländern hinzu. Des Weiteren käme es, so Cuttitta, durch die Biometrisierung der Ausweise zu einer neuartigen immateriellen Aufrüstung der Grenzen. Aber Cuttitta verweist auch auf eine Innenwirkung des europäischen Grenzregimes: Es würden sich restriktivere Regelungen durchsetzen, da die EU-Richtlinien meist die jeweils engste nationale Vorgabe aufnehmen würden. Der durch die Rosa-Luxemburg-Stiftung geförderte Band geht auf eine Tagung von Nichtregierungsorganisationen und Aktivisten in Bamako, Mali im März 2008 zurück.
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 4.42 | 2.61 | 2.65 | 2.67 | 3.5 | 4.3 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Sabine Hess / Bernd Kasparek: Grenzregime. Berlin/Hamburg: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/21634-grenzregime_39251, veröffentlicht am 25.10.2010. Buch-Nr.: 39251 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken