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Reinhard Höppner

Wunder muss man ausprobieren. Der Weg zur deutschen Einheit

Berlin: Aufbau-Verlag 2009; 148 S.; brosch., 14,95 €; ISBN 978-3-351-02680-6
Aus eigener Erinnerung und mit zahlreichen Anekdoten angereichert schildert der ehemalige Ministerpräsident Sachsen-Anhalts die Geschichte der DDR und den Aufstand gegen die SED-Herrschaft im Herbst 1989. Dazu handelt der Autor die bekannten Etappen vom Mauerbau bis zum Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes ab. Für Höppner begann der Anfang vom Ende bereits mit dem politischen Konzept Willy Brandts „Wandel durch Annäherung“. Und wie viele andere sieht auch er einen maßgeblichen Einfluss der KSZE-Schlussakte von Helsinki. Menschen beriefen sich fortan auf darin verbriefte Rechte und „systemkritischen Gruppen in der DDR machte das Mut“ (30). Aber Höppner zieht auch in interessanter Weise eine Bilanz des Einigungsprozesses und stellt die Frage: Ging es nicht besser? Dabei benennt er auch problematische Aspekte der deutschen Einheit. So kritisiert der Autor u. a. die Regelungen zur Rückerstattung von Eigentum. Das Prinzip der Rückgabe vor Entschädigung hat sich seiner Ansicht nach vor allem aufgrund starken Lobbydrucks aus dem Westen und infolge von Zeitnot durchgesetzt. Denn die Währungsunion stand vor der Tür und die Einführung des Westgeldes mit Verweis auf ungeklärte Eigentumsfragen zu verzögern, galt als politisch nicht durchsetzbar. Darüber hinaus weist Höppner drei generelle Ursachen für manche im Rückblick unbefriedigende Lösungen aus. Zum einen nennt er „die Ungeduld der Ostdeutschen“ (124). Es mangelte einfach an Zeit für ausgewogene Konzepte. Sodann wäre ein zweiter Grund, dass man die Verhältnisse in der Bundesrepublik nicht genau genug kannte, um Alternativvorschläge machen zu können. Und drittens weist er schlicht auf die Machtverhältnisse: „Die DDR war ein Auslaufmodell.“ (125). Mit Blick auf die Publikationen zur Sechzigjahrfeier der Bundesrepublik kritisiert Höppner: „Man müsste wahrnehmen können, dass diese seit 1990 neue Bundesrepublik zwei Wurzeln hat, die diesen Staat beide prägten und prägen“ (139). Der Text trägt somit gleichermaßen zum Verständnis von Ost und West wie zur Illustration nach wie vor unterschiedlicher Befindlichkeiten dar.
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.315 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Reinhard Höppner: Wunder muss man ausprobieren. Berlin: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/21594-wunder-muss-man-ausprobieren_36368, veröffentlicht am 24.07.2009. Buch-Nr.: 36368 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken