Ostforschung in Westdeutschland. Die Erforschung des europäischen Ostens und die Deutsche Forschungsgemeinschaft, 1945-1975
Geschichtswiss. Diss. Freiburg i. Br.; Gutachter: U. Herbert, W. Oberkrome. – Die Ostforschung entstand als Reaktion auf die deutsche Niederlage im Ersten Weltkrieg in den 20er-Jahren; sie hatte von Beginn an „eine politische Schlagseite“ (18) und wurde im Nationalsozialismus für die Zwecke der angestrebten Ostexpansion „zu einer staatlich protegierten Forschungsrichtung aufgewertet“ (19), schreibt die Autorin. Ihr Hauptinteresse gilt dem Wandel des Faches nach 1945: Wie konnte sich die nationalistisch, ethnozentrisch und antikommunistisch geprägte Ostforschung zu der heute noch praktizierten Osteuropaforschung entwickeln? Die Autorin zeichnet die Veränderungsprozesse chronologisch nach und ordnet diese in den übergeordneten Rahmen der jeweiligen innen- und außenpolitischen Konfigurationen im Kontext des Kalten Krieges ein. Sie untersucht die institutionellen und personalen Gegebenheiten, das Selbstverständnis der Wissenschaftler und deren intellektuelle Kategorien sowie die Wahrnehmung und Interpretation Osteuropas als ihr Forschungsgegenstand. Besondere Beachtung erfährt die Rolle der Deutschen Forschungsgesellschaft bei diesem Wandel. Ihr Fazit: „Mit ihren strengen wissenschaftlichen Anforderungen trug die DFG dazu bei, daß in der Regel nur jene ostwissenschaftlichen Arbeiten gefördert wurden, die den westdeutschen Anforderungen an politische Integrität und wissenschaftliche Qualität entsprachen. Auf diese Weise gelang es ihr, einen Standard von Wissenschaftlichkeit zu etablieren, der sich gegenüber nationalsozialistischer Belastung als effektiv erwies.“ (424)