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Moshe Zuckermann

Wohin Israel?

Göttingen: Wallstein Verlag 2003 (Göttinger Sudelblätter); 46 S.; brosch., 14,- €; ISBN 3-89244-669-5
In diesem zornigen Essay setzt sich der Leiter des Instituts für deutsche Geschichte in Tel Aviv mit den historischen Ursachen und Wurzeln des Staates Israel und seiner heutigen Politik auseinander. Zuckermann stellt zunächst fest, dass „der Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern, wie er sich seit Beginn der 1990er Jahre infolge der Oslo-Abkommen entfaltete, [...] nun endgültig ad acta gelegt" (7) sei. Er findet ausgesprochen harte Worte für den Anteil, den die israelische Gesellschaft an dieser Entwicklung hatte und hat. So kritisiert er zunächst die „brutale, im Frühjahr 2002 erfolgte Rückeroberung der palästinensischen Städte in der Westbank unter dem Vorwand der ‚Zerschlagung des Terrors'" (8), die er für „nichts als perfide Ideologie" (9) hält. Premierminister Ariel Sharon und seine Koalitionsregierung hätten sich als „die sicherheitsmäßig, wirtschaftlich und gesellschaftlich schlimmste Regierung [...], die Israel je hatte" (10) herausgestellt. Zuckermann stellt die These auf, dass Sharon und seine Regierung nicht nur ein Interesse an einer Perpetuierung der Gewalt haben, sondern des Repressionszustandes für ihr politisches Überleben sogar dringend bedürfen. Unter diesen Voraussetzungen stellt er sich die Frage, warum große Teile der israelisch-jüdischen Bevölkerung Sharon unterstützen. Er geht dabei auf die Konfliktlinien und „Widerspruchsachsen" (25) ein, die innerhalb der israelischen Gesellschaft zu verzeichnen sind. Diese potenziellen Konflikte wiesen darauf hin, dass die Aussicht auf Frieden für viele Israelis keineswegs durchweg positiv, sondern mit massiven Zukunftsängsten verbunden sei. Dies zeige im Übrigen auch die Ermordung Itzhak Rabins. Schließlich weiß auch Zuckermann keine Antwort auf die im Titel formulierte Frage nach der zukünftigen politischen Richtung des jüdischen Staates. Er entscheidet sich für eine „real besorgte Naiverwartung" (46), denn Israel befinde sich zwar in einer Zeit des Umbruchs, die gewisse Hoffnung wecke; trotzdem seien solche Zeiten schon allzu oft in den Zusammenbruch gemündet.
Christiane J. Fröhlich (CJF)
Dr., Soziologie mit Schwerpunkt Friedens- und Konfliktforschung, wiss. Mitarbeiterin, Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik, Hamburg.
Rubrizierung: 2.63 Empfohlene Zitierweise: Christiane J. Fröhlich, Rezension zu: Moshe Zuckermann: Wohin Israel? Göttingen: 2003, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/18883-wohin-israel_21906, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 21906 Rezension drucken