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Frank Brettschneider

Spitzenkandidaten und Wahlerfolg. Personalisierung - Kompetenz - Parteien. Ein internationaler Vergleich

Opladen/Wiesbaden: Westdeutscher Verlag 2002; 256 S.; brosch., 29,90 €; ISBN 3-531-13722-0
Die Personalisierung der Politik nimmt zu, darüber herrscht Einigkeit bei den Kommentatoren und Beobachtern des Politikbetriebes. Da Personalisierung meist auch mit Entpolitisierung gleichgesetzt wird, gilt sie als demokratietheoretisch bedenklich (206). Sie kann in der Wahlkampfführung, der Medienberichterstattung und dem Wählerverhalten festgestellt werden. Oder auch nicht, denn Brettschneider legt Ergebnisse vor, die gegen die Personalisierungsthese sprechen. Der Augsburger Kommunikationswissenschaftler untersucht das Wählerverhalten auf der Grundlage des sozialpsychologischen Modells. Er überprüft am Beispiel von 32 Wahlen in Deutschland, Großbritannien und den Vereinigten Staaten den Stellenwert der Kandidatenorientierung bei den Wählern und vergleicht ihn mit dem Einfluss der Parteiidentifikation und der Themenorientierung. In allen drei Ländern mit ihren sehr unterschiedlichen Wahlsystemen wird der Kandidateneffekt deutlich überschätzt (109). Vor allem in Deutschland und Großbritannien ist die "Parteiidentifikation das zentralere Element des individuellen Orientierungssystems" (136). Ebenfalls Gegenstand der Untersuchung sind die Images der Kandidaten. "Welche Eigenschaften sind es, deren Wahrnehmung durch die Bevölkerung den Gesamteindruck eines Kandidaten bestimmen?" Selbst in den Vereinigten Staaten werden die Präsidentschaftskandidaten keineswegs entpolitisiert wahrgenommen, das heißt, unpolitische Merkmale stehen in der Bewertung weit hinter der Themenkompetenz und Führungsstärke des Kandidaten zurück. "Man kann sogar sagen, dass in Amerika die entpolitisierte 'Amerikanisierung' der Kandidatenwahrnehmung am wenigsten existiert." (205) Der Autor zeigt einmal mehr, wie weit öffentliche Wahrnehmung und empirische Realität auseinander liegen können. Inhaltsübersicht: 2. Kandidatenorientierung und Wählerverhalten - Überlegungen zur Theorie; 3. Kandidatenorientierung und Wählerverhalten zwischen 1960 und 2000; 4. Kandidatenimages.
Henry Krause (HK)
Dipl.-Politologe, Referatsleiter, Sächsische Landeszentrale für politische Bildung, Dresden.
Rubrizierung: 2.22 | 2.61 | 2.64 | 2.332 Empfohlene Zitierweise: Henry Krause, Rezension zu: Frank Brettschneider: Spitzenkandidaten und Wahlerfolg. Opladen/Wiesbaden: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/17118-spitzenkandidaten-und-wahlerfolg_19693, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 19693 Rezension drucken