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Christian Parenti

Im Wendekreis des Chaos. Klimawandel und die neue Geografie der Gewalt

Hamburg: LAIKA Verlag 2013 (Edition Provo 6); 305 S.; 19,90 €; ISBN 978-3-942281-34-8
Christian Parentis Bestandsaufnahme der verheerenden Interferenzen aus Klimawandel, Armut und Gewalt liest sich auf den ersten Blick wie eine erschreckende Zukunftsvision dystopischer Prägung. Umso erschreckender, dass man aber statt eines „Buch[es] über die Zukunft […] in Wahrheit ein Geschichtsbuch in Händen“ (19) hält. Erderwärmung, Polschmelzen, Anstieg des Meeresspiegels, also wissenschaftlicher Konsens unserer Realität, trifft dabei auf destabilisierte politische Systeme, massenhafte Armut, Verzweiflung und eine Politik der Gewalt. Es ist ein Zustand, der nicht nur einfach besteht, sondern vor allem eine Geschichte hat, der Parenti nachzuspüren versucht. Diese Suche hangelt sich entlang des „Wendekreises des Chaos“, also der Zone mittlerer Breitengrade, an der sich die Auswirkungen des Klimawandels am deutlichsten bemerkbar machen, inklusive ihrer Wechselwirkungen mit der Aufrüstung des globalen Nordens. Denn die privilegierten Regionen der Erde sind auf ein Szenario der Katastrophen vorbereitet – auch weil sie an deren Herbeiführung mitgewirkt haben –, jedoch mit einer „Politik des bewaffneten Rettungsbootes“ (28), die sich durch neue Strategien der Aufstandsbekämpfung trägt. Die erste Station auf dieser Reise ist Ostafrika, dessen vom Imperialismus geprägte Geschichte sich direkt in die Konsequenzen des Klimawandels verstrickt. In Asien lassen sich diese Wechselwirkungen ebenso beobachten wie sie sich in Afghanistan oder Indien nachvollziehen lassen. Überall dort stehen Dürre und Nahrungsknappheit in einer zerstörerischen Allianz mit Ressourcenkriegen oder Rivalität plündernder Banden im Schatten von ausgehöhlten, „gescheiterten“ (95) Staaten. Schließlich geht es nach Lateinamerika, wo sich die Spannung der Gewalt zwischen Nord und Süd am eindrücklichsten zeigt. Es sei vor allem „der relative Mangel, der den sozialen Zusammenhalt von Gemeinschaften zerstört“ (165) – so auch an der hochgerüsteten Grenze zwischen den USA und Mexiko. Dort vereinen sich die Folgen neoliberaler Politik in verarmten und von Gewalt geprägten Regionen direkt mit der Bekämpfung von Flüchtlingen – an dieser Grenze wird der Umgang mit Klimaflüchtlingen, wie sie überall auf der Welt heraufbeschworen werden, anschaulich vorweggenommen. Parentis Schlussfolgerungen sind so nüchtern wie eindeutig: Nur eine sofortige Schadensbegrenzung sowie politische und ökonomische Anpassung könnten das Schlimmste noch verhindern.
Alexander Struwe (AST)
B. A., Politikwissenschaftler, Student, Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Rubrizierung: 4.45 | 2.2 | 4.41 | 4.43 | 2.25 | 2.65 | 2.67 | 2.68 | 2.64 Empfohlene Zitierweise: Alexander Struwe, Rezension zu: Christian Parenti: Im Wendekreis des Chaos. Hamburg: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/14546-im-wendekreis-des-chaos_43528, veröffentlicht am 28.03.2013. Buch-Nr.: 43528 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken