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Anke Hassel / Christof Schiller

Der Fall Hartz IV. Wie es zur Agenda 2010 kam und wie es weitergeht

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2010; 348 S.; 24,90 €; ISBN 978-3-593-39336-0
„Die Hartz IV-Reform hat mit einer Reihe von Stützpfeilern deutscher Sozialpolitik […] gebrochen und damit insbesondere die gesellschaftliche Mitte stark verunsichert“ (49), konstatieren Hassel und Schiller. Im Mittelpunkt ihres Interesses stehen die Prozesse, die zu der Reform geführt haben. Deshalb beginnen die Autoren ihre umfangreiche Studie mit einer Analyse der vielfältigen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahrzehnten und der – insbesondere nach dem „Schock der deutschen Einheit“ (85) einsetzenden – Reformdebatte. Anschließend gehen sie auf die politische Situation im Vorfeld der Agenda 2010 ein und betrachten die Transformation der Deutschland AG, den Umbruch im Parteienwettbewerb und den Fiskalföderalismus. Das geschieht so detailliert, dass die Agenda 2010 als der eigentliche Untersuchungsgegenstand erst nach mehr als der Hälfte des Buches in den Mittelpunkt rückt. Sie stellen fest, dass Hartz IV „das Ergebnis des Zusammentreffens dreier ursprünglich getrennt voneinander stattfindender Debatten zum Umbau des Sozialstaates“ (184) gewesen sei und dass es lange Zeit kein konsensfähiges Konzept für die Arbeitsmarktpolitik gegeben habe. Danach widerlegen die Autoren „das Gerücht, die Hartz IV-Reform sei in Wirklichkeit vom Kanzleramt erdacht und konzipiert worden“ (229), denn die Regierungszentrale habe lange Zeit keine große Bedeutung für die Reforminhalte gehabt. Hingegen hätten die Ministerialbürokratien der Länder eine wichtige Rolle gespielt. Mit der 2005 in Kraft getretenen Reform sei allerdings „nur ein Zwischenschritt – wenn auch ein wichtiger – auf einem langen Weg in einen neuen Wohlfahrtsstaat einer modernen Dienstleistungsgesellschaft“ (291) gewesen. So müssten u. a. noch „die zurzeit gering entlohnten und qualitativ unterdurchschnittlichen Beschäftigungsverhältnisse auf ein höheres Niveau“ (305 f.) gebracht werden, wofür auch Mindestlöhne erforderlich seien.
Hendrik Träger (HT)
Dr., Politikwissenschaftler, Lehrkraft für besondere Aufgaben, Institut für Politikwissenschaft, Universität Magdeburg und Institut für Politikwissenschaft, Universität Leipzig.
Rubrizierung: 2.343 | 2.331 | 2.325 | 2.322 Empfohlene Zitierweise: Hendrik Träger, Rezension zu: Anke Hassel / Christof Schiller: Der Fall Hartz IV. Frankfurt a. M./New York: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/14482-der-fall-hartz-iv_39934, veröffentlicht am 15.02.2011. Buch-Nr.: 39934 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken