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Michael Bakunin

Die revolutionäre Frage. Föderalismus, Sozialismus, Antitheologismus. Aus dem Französischen von Michael Halfbrodt. Hrsg. von Wolfgang Eckhardt

Münster: Unrast 2000 (Klassiker der Sozialrevolte 6); 179 S.; brosch., 12,68 €; ISBN 3-89771-903-
Immer noch sind die grundlegenden theoretischen Texte des Anarchismus längst nicht alle einfach zugänglich. In der alten Bundesrepublik gab es nur sporadisches Interesse, und in der DDR, die auch wenig bedeutende sozialistische Theoretiker mit Quellenausgaben ehrte, wenn sie nur brav der Parteilinie gefolgt waren, blieb der mit Marx beständig im Konflikt liegende Bakunin ohnehin tabu. Inzwischen aber gibt es eine beträchtliche Zahl von Wieder- und Erstveröffentlichungen in deutscher Sprache, und dieser Band schließt eine weitere Lücke. Eckhardt erläutert in seiner informativen Einleitung, wie 1867 angesichts der europäischen Kriegsgefahr ein Friedenskongress in Genf zusammenkam, an dem sowohl bürgerliche wie sozialistische Delegierte teilnahmen. Unter ihnen war Bakunin, der zum Vizepräsidenten des Kongresses gewählt wurde und auch dem dort gebildeten permanenten Komitee angehörte. Die beiden hier veröffentlichten, bislang nur auf Französisch vorliegenden Texte sind in diesem Kontext entstanden. Die kurze Rede ist die Rekonstruktion einer von Bakunin improvisierten Ansprache auf dem Kongress, aber umfangreicher und wichtiger ist das andere Manuskript, das erstmals einen Überblick über die Grundlagen von Bakunins Denken gibt. Manches, was später in "Gott und der Staat", "Staatlichkeit und Anarchie" und anderen Werken Bakunins ausführlicher dargestellt wurde, ist hier bereits im Kern vorhanden. Auch eine weitere Charakteristik teilen diese wenigen Seiten mit späteren, bekannteren Werken: sie sind Fragment geblieben. Anders als Marx hatte Bakunin nur selten die Geduld, seine theoretischen Gedanken zu Papier zu bringen. Was aber diesen ersten Versuch doppelt interessant macht, ist der von Eckhardt betonte Aspekt, dass sich Bakunin hier nicht nur an bereits überzeugte Anarchisten wendet, sondern an eine wenigstens zum Teil bürgerliche Gruppierung. Das führt dazu, dass er manches ausführlicher und wohl auch vorsichtiger darstellt als später. Alles in allem eine wichtige und kenntnisreich aufbereitete Quellenausgabe. Inhalt: Wolfgang Eckhardt: Einleitung (7-15); Bakunins Rede auf dem Gründungskongreß der Friedens- und Freiheitsliga in Genf (10. September 1867) (17-21); Die revolutionäre Frage. Föderalismus, Sozialismus, Antitheologismus (23-164).
Michael Dreyer (MD)
Prof. Dr., Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 5.33 Empfohlene Zitierweise: Michael Dreyer, Rezension zu: Michael Bakunin: Die revolutionäre Frage. Münster: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/13144-die-revolutionaere-frage_15750, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 15750 Rezension drucken