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Elisabeth Zellmer

Töchter der Revolte? Frauenbewegung und Feminismus der 1970er Jahre in München

München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag 2011 (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 85); VII, 294 S.; 39,80 €; ISBN 978-3-486-70254-5
Geschichtswiss. Diss. Regensburg; Gutachter: U. Wengst. – Inwieweit lässt sich die feministische Maxime „das Private ist politisch“ (11) auf die 68er-Revolution zurückführen? Die Autorin zeichnet die Entwicklung des Feminismus in den 60er- und 70er-Jahren mit Blick auf den Einfluss der 68er-Revolte nach. Den zentralen Angelpunkt ihrer Analyse bildet die Münchner Szene mit der Roten Frauenfront, der Siemensfrauengruppe, der sozialistischen Frauenorganisation und dem Frauenforum. Diese Gruppen wurden laut Zellmer ebenso von den 68ern wie vom gesamtgesellschaftlichen Wandel geprägt und machten die Frauenfrage Ende der 60er-Jahre zum Politikum. Zellmer betont, dass sich die Entwicklung der Frauenbewegung insgesamt jedoch nicht aus sich selbst heraus, sondern aufgrund des gesamtgesellschaftlichen Wandels in Verbindung mit der 68er-Revolte, die als Korrektiv bestimmter Schieflagen etablierter Institutionen wirkte, vollzog. So wurde der Gleichberechtigung von Frauen im öffentlichen Diskurs generell ein höherer Wert beigemessen. Darüber hinaus habe sich die Lebenssituation von Frauen durch den wirtschaftlichen und technologischen Fortschritt verändert. Frauen seien besser gebildet gewesen und hätten in der sich entwickelnden Dienstleistungsgesellschaft immer mehr Beschäftigungsmöglichkeiten gefunden. Nach Auffassung der Autorin beflügelten die Studentenunruhen des Jahres 1968 den feministischen Aufbruch jedoch mental und generierten beim außerparlamentarischen Protest und in Bezug auf Kommunen und Kinderläden wertvolle Leitideen und Vorbilder. Außerdem seien neue Kommunikationskanäle in Form von Vereinigungen und Verlagen sowie die Solidarität im Rahmen der internationalen Frauenbewegung hinzugekommen. Zellmer bilanziert, dass den Frauen zwar eine Beschleunigung des gesellschaftlichen Wandels gelungen sei, weitreichende feministische Forderungen nach einer grundlegenden Umgestaltung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft jedoch überwiegend verhallten.
Marinke Gindullis (MG)
Politikwissenschaftlerin.
Rubrizierung: 2.313 | 2.36 Empfohlene Zitierweise: Marinke Gindullis, Rezension zu: Elisabeth Zellmer: Töchter der Revolte? München: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/9694-toechter-der-revolte_40519, veröffentlicht am 01.09.2011. Buch-Nr.: 40519 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken