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Gerhart Baum (Hrsg.)

Meine Wut ist jung. Bilanz eines politischen Lebens

München: Kösel Verlag 2012; 159 S.; geb., 17,99 €; ISBN 978-3-466-37057-3
„Bisweilen ist der Antrieb allerdings auch Wut, die Wut darüber, dass meine Partei, die FDP, in den letzten Jahrzehnten ihren liberalen Auftrag nicht mehr konsequent wahrgenommen hat“ (142), antwortet Gerhart Baum auf die Frage nach den Motiven für sein Interesse am politischen Leben. Der frühere Innenminister und exponierte Linksliberale der FDP versteht sich auch mit 80 Jahren als „political animal“(143). Das wird in dem lesenswerten Gesprächsband, den er gemeinsam mit dem Journalisten Matthias Franck vorlegt, deutlich. Nach einem Blick auf seine Kindheit in einem „liberal-großbürgerlich[en]“ (14) Elternhaus in Dresden beschreibt Baum seinen Weg in die FDP Mitte der 1950er-Jahre: Zunächst sei ihm die Partei in seiner Wahlheimat Nordrhein-Westfalen „nicht geheuer [gewesen]. Sie war noch durchsetzt von braunen Netzwerken. […] Nach einiger Zeit hatte ich mich dann doch entschieden, der FDP beizutreten“ (20). Bis heute habe er sich den kritischen Blick auf seine Partei, die trotz der von ihm abgelehnten „Wende“ von der SPD zur Union seine politische Heimat geblieben sei, bewahrt. Insbesondere angesichts ihres Auftretens in den vergangenen Jahren warnt Baum aber die FDP davor, „den Eindruck [zu] erwecken, als ginge es ihr eigentlich nur um ‚mehr Netto vom Brutto’“ (31). Die Partei müsse sich „mit realisierbaren Zielen deutlicher gegenüber dem Koalitionspartner […] profilieren“ (35) und wieder für Bündnisse mit der SPD öffnen. Ähnlich prononciert und richtungsweisend meldet sich Baum auch zu anderen politischen und gesellschaftlichen Themen zu Wort. So bezeichnet er die „Sicherung der Menschenrechte [als] eine Lebensaufgabe“ (56) und prangert in der Außenpolitik das gelegentliche Messen „mit zweierlei Maß“ (72) an. Mit Blick auf die EU spricht er von einer drohenden „Demokratieentleerung“ und will „Europa […] nicht zu einem Projekt der Eliten verkümmern“ (84) lassen. Und angesichts der aktuellen Debatte über ein NPD-Verbot appelliert er: „Wir müssen uns mehr um die ‚Verlierer’ in unserer Gesellschaft kümmern. Es kann nicht sein, dass die NPD diese Aufgabe wahrnimmt“ (127 f.).
Hendrik Träger (HT)
Dr., Politikwissenschaftler, Lehrkraft für besondere Aufgaben, Institut für Politikwissenschaft, Universität Magdeburg und Institut für Politikwissenschaft, Universität Leipzig.
Rubrizierung: 2.3 | 2.331 Empfohlene Zitierweise: Hendrik Träger, Rezension zu: Gerhart Baum (Hrsg.): Meine Wut ist jung. München: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/9257-meine-wut-ist-jung_43238, veröffentlicht am 17.01.2013. Buch-Nr.: 43238 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken