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Helmut Schmidt

Jahrhundertwende. Gespräche mit Lee Kuan Yew, Jimmy Carter, Shimon Peres, Valéry Giscard d'Estaing, Ralf Dahrendorf, Michail Gorbatschow, Rainer Barzel, Henry Kissinger, Helmut Kohl und Henning Voscherau. Hrsg. von Dorothea Hauser

Berlin: Siedler Verlag 1998; 252 S.; Ln., 39,90 DM; ISBN 3-88680-649-9
Die in diesem Buch dokumentierten Gespräche sind die ausführlichen Verschriftungen der Interviewreihe aus arte und ARD. Das Projekt geht zurück auf eine Zeitzeugenbefragung der Helmut und Loki Schmidt-Stiftung, in der es um die historische Sicherung von Einsichten und Rückblenden einer Reihe von "elder statesmen" gehen sollte. Das Auswahlkriterium der Gesprächspartner läßt sich aber unschwer auf die persönliche Bekanntschaft oder die Gleichzeitigkeit politischer Betätigung mit Schmidt reduzieren. Die Gespräche mit Carter und Kohl belegen aber auch eindrucksvoll, daß es sich bei den Gesprächspartnern keinesfalls nur um politische "Freunde" Schmidts handelt. Die Atmosphäre der Gespräche ist jedoch durchgängig von gegenseitiger Achtung und Wohlwollen geprägt. Die meiste Zeit üben sich die Teilnehmer in der Verständigung auf politische Allgemeinplätze. Hin und wieder werden jedoch sehr interessante Einschätzungen deutlich, etwa wenn Carter unmißverständlich betont: "Ich sage es ungern, aber Westeuropa hatte bei mir nicht die oberste Priorität." (47 f.) Schmidt selbst beklagt in fast allen Gesprächen die Durschschnittlichkeit des momentanen politischen Personals und erinnert an einige politische Vorschläge seinerseits, die man leider nicht beachtet habe. Grundsätzlich weist seine Selbstdarstellung eine eigentümliche Mischung aus Bescheidenheit und Selbstbewußtsein auf. So prangert er beispielsweise im Gespräch mit Giscard d'Estaing die Eitelkeit an, als Politiker etwas erreichen zu wollen, das ein Jahrhundert überdauert - um dann in nur scheinbarem Kontrast fortzufahren: "Mir kam es, als ich in der Politik aktiv war, mehr darauf an, im Augenblick des Handelns und für morgen und übermorgen für Frieden und Wohlfahrt aller zu sorgen - in meinem Land, im Nachbarland und in Europa. Ich stimme zu, wir haben einige Dinge zustande gebracht, und wenn wir nicht Nachfolger bekommen sollten, die das alles wieder zunichte machen, dann wird das sogar auch bleiben." (99)
Manuel Fröhlich (MF)
Prof. Dr., Juniorprofessur für Politikwissenschaft, Universität Jena (www.manuel-froehlich.de).
Rubrizierung: 2.3 | 2.24 | 2.62 | 2.64 | 2.68 | 2.331 | 2.63 | 2.61 Empfohlene Zitierweise: Manuel Fröhlich, Rezension zu: Helmut Schmidt: Jahrhundertwende. Berlin: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/5308-jahrhundertwende_6973, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 6973 Rezension drucken