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Ulrike Guérot

Warum Europa eine Republik werden muss! Eine politische Utopie

Bonn: Verlag J. H. W. Dietz Nachfolger 2016; 304 S.; brosch., 18,- €; ISBN 978-3-8012-0479-2
„Europa ja, EU nein“ (24), so beschreibt Ulrike Guérot, Professorin an der Donau‑Universität Krems und Direktorin des European Democracy Lab in Berlin, die Stimmung der Bevölkerung zum Integrationsprozess. Mit anderen Worten, die Mehrheit der EU‑Bürger_innen stehe zwar noch immer hinter der europäischen Idee, habe jedoch das Vertrauen in die Europäische Union verloren. Diese zerstöre die Demokratie auf nationaler Ebene, indem sie den Staaten zentrale soziale Steuerungsmechanismen entziehe. Angesichts der Tatsache, dass die Demokratie auf nationaler Ebene verloren gehe und sie auf europäischer nicht erreicht sei, gedeihe der Populismus „prächtig“ (44). Insgesamt hält die Autorin die EU für nicht fähig, „auf die multiplen Krisen angemessen reagieren […und] eine transnationale, gemeinwohlorientierte Demokratie schaffen“ (53) zu können. Stattdessen erinnert sie an die „republikanische Idee“, die immer eine der Emanzipation gewesen sei, und entwickelt für das Jahr 2045 die Vision einer Europäischen Republik, in deren Kontext „die postnationale Emanzipation“ Europa vom Nationalstaat „befreit“ (117) – Europäisierung bedeute „die Sprengung aller nationalen Grenzen“ (125). 50 bis 60 „sich weitgehend selbstregierende europäische Provinzen unter dem Dach einer Europäischen Republik“ würden von ihren Bürger_innen und nicht von den Nationen animiert. Die Regionen seien die „eigentlichen Träger europäischer Identität [...und] sprudelnde Quelle“ (157) der Vielfalt. Zusammen mit einem Verbund der Städte und Metropolen wären die Regionen gleichwertige, administrative Provinzen der Europäischen Republik. Das politische System Europas würde sich auf nur zwei Ebenen beschränken, auf die der Republik sowie die der Regionen. Letztere sollten jeweils zwischen sieben und fünfzehn Millionen Einwohner umfassen. Ein Zweikammersystem mit einem Abgeordnetenhaus, vergleichbar dem Europäischen Parlament, jedoch ausgestattet mit Initiativ‑ und Budgetrechten, und einem Europäischen Senat, der sich aus jeweils zwei Senatoren pro Region zusammensetzen würde, bilden in diesem Szenario zusammen den Europäischen Kongress. Zu weiteren Elementen würden ein direkt gewählter Präsident, transnationale Wahlkreise und Parteien zählen. Eine gemeinsame Identität würde durch die Schaffung einer europäischen Staatsbürgerschaft entstehen. Auf Ebene der Republik sollte eine europäische Regierung „nur das Große“ (133) regeln, dazu zählt die Autorin die Außen‑, Verteidigungs‑, Umwelt‑, Energie‑ oder Klimapolitik. Ein Cyberministerium für europäische Netzpolitik, ein Handels‑, Entwicklungs‑ und Sozialministerium, das für die europäische Arbeitslosenversicherung zuständig wäre, sollte es geben – wobei die Zahl der Minister nur halb so hoch wäre wie die der heutigen Kommissare. Eine neue, am Gemeinwohl orientierte Wirtschaftsordnung würde eine ökonomische Wende einleiten. Diese Utopie, „eine dahingetuschte Idee“ (256), lasse sich nicht am Verhandlungstisch beschließen, sondern diene der Weiterentwicklung des Integrationsprozesses – was Guérot mit diesem Buch gelungen ist.
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Rubrizierung: 3.13.4 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Ulrike Guérot: Warum Europa eine Republik werden muss! Bonn: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/40147-warum-europa-eine-republik-werden-muss_48449, veröffentlicht am 10.11.2016. Buch-Nr.: 48449 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken