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Rupert Neudeck

In uns allen steckt ein Flüchtling. Ein Vermächtnis

München: C. H. Beck 2016; 169 S.; brosch., 14,95 €; ISBN 978-3-406-69920-7
Das letzte Buch von Rupert Neudeck ist genau das, was der Untertitel verspricht: ein Vermächtnis. Beginnend mit seiner Flucht als Kind aus Danzig spannt er den Bogen seiner eigenen Vita und verknüpft diese mit den aktuellen Ereignissen. Dass er dabei auch an die Versenkung der Wilhelm Gustloff und das Ertrinken hunderter deutscher Flüchtlinge erinnert, zeigt sehr eindrücklich die Parallelen zur aktuellen Flüchtlingsproblematik. Schlaglichtartig werden wichtige Stationen seines Lebensweges beleuchtet. So schildert er, wie er auf das Schicksal der vietnamesischen Boatpeople aufmerksam wurde und sich entschloss zu helfen, auch berichtet er über bürokratische Schwierigkeiten und Kompetenzgerangel mit größeren Organisationen. Im Weiteren geht es um verschiedene Konfliktherde der Gegenwart, begleitet von der Feststellung, dass nicht nur Krisen und Konflikte Ursachen von Flucht und Vertreibung sind, sondern dass klimatische Veränderungen in der Zukunft noch größere Massenbewegungen auslösen werden. Am Beispiel vieler privater Initiativen schildert er die Entwicklung der „Flüchtlingskrise“ und deren Wahrnehmung in Deutschland. Das letzte Kapitel ist der Frage gewidmet, wie Integration gelingen kann, und ist daher vielleicht der aktuellste Aspekt des Buches. Neudeck fordert, die Asylbewerber nicht einfach unterzubringen und zu verwalten, sondern von Beginn an in Verantwortung zu nehmen: „Wir müssen uns bemühen, eine freundliche, aber bestimmte Disziplin in die Asylbewegung zu bekommen [...] Flüchtlinge brauchen einen geordneten Tagesablauf“ (124 f.) Ebenso betont er die Notwendigkeit, einerseits die gesellschaftlichen Regeln in Deutschland zu akzeptieren, andererseits den Geflüchteten aber auch Perspektiven zu bieten und sie arbeiten zu lassen, während sie auf die Bearbeitung ihrer Bescheide warten. Hierzu müsste vor allem der deutsche bürokratische Apparat flexibler und kreativer werden. Zum Abschluss verweist Neudeck nachdrücklich darauf, dass Europa international nur eine Rolle spielen könne, wenn es vereint sei. Vehement spricht er sich gegen den neuen Nationalismus aus. Vor allem der letzte Abschnitt macht das Buch hochaktuell und enthält gute und wichtige Anregungen für politisch Interessierte und Handelnde.
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Rubrizierung: 4.422.343 Empfohlene Zitierweise: Michael Rohschürmann, Rezension zu: Rupert Neudeck: In uns allen steckt ein Flüchtling. München: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/40163-in-uns-allen-steckt-ein-fluechtling_48478, veröffentlicht am 17.11.2016. Buch-Nr.: 48478 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken