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Garri Kasparow, mit Mig Greengard

Warum wir Putin stoppen müssen. Die Zerstörung der Demokratie in Russland und die Folgen für den Westen. Aus dem Englischen von Stephan Gebauer

Stuttgart/München: Deutsche Verlags-Anstalt 2015; 409 S.; geb., 22,99 €; ISBN 978-3-421-04727-4
„Wenn der Weg in die Hölle mit guten Absichten gepflastert ist, sind Kompromisse, mit denen man von seinen Prinzipien abrückt, die Laternen am Rand dieses Weges.“ (110) Für Garri Kasparow besteht kein Zweifel daran, dass die USA und Europa damit gescheitert sind, Russland durch wirtschaftliche Unterstützung und politisches Entgegenkommen auf dem Weg zu einem demokratischen Rechtsstaat weiterzuhelfen. Das Aussperren der Opposition aus der medialen Öffentlichkeit, Wahlfälschungen, die Ermordung von Journalisten und Oppositionspolitikern, die Opferung Unschuldiger bei der rücksichtslosen Stürmung der besetzten Schule in Beslan und des Moskauer Nord‑Ost‑Theaters, die Kriege in Tschetschenien sowie die militärischen Interventionen in Georgien und jüngst in der Ukraine sprechen nach Ansicht Kasparows eine andere, eindeutige Sprache: Präsident Putin interessiert sich nicht für Demokratie und Frieden in der Welt. Jede Nachgiebigkeit des Westens gegenüber seiner Politik verstehe er als Schwäche, jeden Versuch, ihn politisch und wirtschaftlich einzubinden, nutzt er, um die eigene Bevölkerung noch stärker zu unterdrücken. Kasparow, ehemaliger Schachweltmeister und prominenter Oppositionspolitiker im Exil, beschreibt in diesem Buch pointiert den politischen Aufstieg Putins und die Entfaltung seiner Macht als eine Geschichte der Ermöglichung durch den Westen – wiederholt bedauert er die Wahlerfolge demokratischer Politiker in den USA (Clinton, Obama), die durch ihre am Konsens und allein am Wohl der USA orientierte Politik versäumt hätten, Putin die Stirn zu bieten. Auch europäische Politiker wie Sarkozy oder Schröder hätten allein danach geschielt, eigenen Unternehmen einen guten Zugang zum russischen Markt zu eröffnen. „Rückblickend ist es verblüffend, wie schnell die Lehren aus dem Kalten Krieg in Vergessenheit gerieten. In dem Augenblick, als die Kräfte der Freiheit und der Demokratie stärker waren als je zuvor in der Geschichte, hörten sie auf, ihren Vorteil zu nutzen und sich weiter auszubreiten.“ (27) Deshalb bittet Kasparow darum, den Dissidenten als Stimme der Verfolgten und Ignorierten in Russland zuzuhören, um die für Menschrechte und Frieden gefährliche „Antimodernität“ (396) von Putins Regime zu erkennen. Den Westen ruft er auf, sich von seiner selbstgewählten Schwäche zu befreien und zum Beispiel durch konsequente Sanktionen und Waffenlieferungen an die Ukraine Stärke zu zeigen. Dieser Weg sei erfolgversprechend, da Putins alleiniges Ziel sei, an der Macht zu bleiben, damit er und seine Getreuen sich in dem Mafia‑Staat, zu dem sie Russland gemacht hätten, bereichern könnten – das funktioniere aber nur im Zusammenspiel mit einem Westen, der sich als Wirtschaftsraum und Vermögensspeicher zur Verfügung stelle.
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Rubrizierung: 2.622.222.242.254.41 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Garri Kasparow, mit Mig Greengard: Warum wir Putin stoppen müssen. Stuttgart/München: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/40149-warum-wir-putin-stoppen-muessen_47971, veröffentlicht am 10.11.2016. Buch-Nr.: 47971 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken