Skip to main content
Kai von Lewinski

Gesetzesverfasser und Gesetzgeber. Outsourcing und Fertigprodukte im Normsetzungsverfahren

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2015 (Dresdner Vorträge zum Staatsrecht 9); 68 S.; brosch., 18,- €; ISBN 978-3-8487-2688-2
Dass ein Parlament Texte beschließt, die dadurch den Charakter von Gesetzen erhalten, ist ein fundamentales Charakteristikum demokratisch verfasster Politik. Wo diese Texte jedoch herkommen, von wem sie vorformuliert werden und wer auf Inhalte und Intentionen einen Einfluss erhält, bevor ein Text überhaupt erst ins Parlament eingebracht wird, ist oft weniger klar nachzuvollziehen. Diesen Hintergrundbereich moderner Politik erläutert Kai von Lewinski in seinem Buch, das eine Ausformulierung eines juristischen Fachvortrags an der Universität Dresden ist. Dabei stellt der Autor schon früh klar, dass die Vorstellung, Gesetzesverfasser und Gesetzgeber wären identisch, nur in seltenen Fällen zutrifft. Dafür liefert er zwei grundlegende Erklärungen: erstens schränken europäische Rechtsakte wie Verordnungen oder Richtlinien den Handlungsspielraum nationaler Parlamente ein und zweitens ist das Outsourcing von Gesetzesentwürfen oft eine „personalwirtschaftliche Maßnahme“ (41), um die Arbeit von Expert_innen zu nutzen und personelle oder Kompetenzmängel innerhalb eines Ministeriums aufzufangen. Weil diese Umstände häufig auftreten, zeigt von Lewinski durch den Verlauf des gesamten Buches großes Verständnis für diese Praxis und sieht die Tendenz, die Normformulierung an andere Akteure zu verlagern, als eine Form von Arbeitsteilung, die in einem prozesshaften Verfahren wie der Gesetzgebung notwendig ist. Die kritischen Töne sind deutlich leiser; so äußert der Autor Bedenken, dass die notwendige sachliche und fachliche Kompetenz innerhalb der Ministerialbürokratie leiden könnte, wenn das Verfassen von Gesetzestexten dauerhaft ausgelagert wird. Und weiterhin sieht er auch Legitimitätsprobleme, weshalb er fordert, dass die Beteiligung externer Expert_innen bei der Normverfassung rechtlich klar geregelt wird und transparent stattfindet. Dass sich in solchen Prozessen informelle Machtstrukturen zeigen können, die das Prinzip demokratischer Gleichheit zumindest herausfordern, erwähnt der Autor nur kurz und zeigt für diese Position eher wenig Verständnis. Das Buch liefert somit einen sachlich fundierten Vortrag zu einem übersehenen politischen Thema, wirkt gegenüber den kritischen Fragen, die sich aufwerfen, jedoch ein wenig gleichgültig.
{MLÜ}
Rubrizierung: 2.322.3215.41 Empfohlene Zitierweise: Max Lüggert, Rezension zu: Kai von Lewinski: Gesetzesverfasser und Gesetzgeber. Baden-Baden: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/40048-gesetzesverfasser-und-gesetzgeber_48427, veröffentlicht am 01.09.2016. Buch-Nr.: 48427 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken