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Andreas Heyer (Hrsg.)

Wolfgang Harich in den Kämpfen seiner Zeit

Hamburg: LAIKA Verlag 2016; 350 S.; 39,- €; ISBN 978-3-944233-52-9
Der Band könne als Teil einer „neuen Hinwendung zum Erbe Harichs gelesen werden“ (17), schlägt der Herausgeber eingangs vor. Die Lektüre offenbart allerdings dann doch recht zügig, dass hier eher an einer Hagiographie gestrickt wird. Die eigentlich angezeigte Historisierung des streitbaren DDR‑Intellektuellen Wolfgang Harich, den das SED‑Regime für das öffentliche Vertreten einer eigenen Meinung büßen ließ, bleibt weitestgehend aus. Zumeist werden noch einmal die ideologischen Kämpfe vergangener Jahrzehnte ohne neuen Erkenntniswert ausgefochten und der vermeintlich böse Verlauf der Wiedervereinigung beklagt, so zum Beispiel im Beitrag von Siegfried Prokop – in dessen Freund‑Feind‑Schema hat der tatsächliche Zustand der DDR in ihrer Endphase keinen Platz. Wo Harich selbst als Kronzeuge nicht aufgerufen werden kann, wird über seine mutmaßliche Ansicht munter phantasiert, etwa mit Blick auf einen Text Rudi Dutschkes: „Mein Gott [sic!], hätte Wolfgang Harich diesen Text gekannt, ich kann mir vorstellen, wie er da Satz für Satz den blühenden Unsinn dieses Schwarmgeistes mit beißendem Spott übergossen hätte, mir ist es jedenfalls eben sehr schwer gefallen, nicht bei jedem Satz in Hohngelächter zu verfallen.“ (Robert Steigerwald, 141) Dass Harich tatsächlich aber kritisch zu sehen ist, da er zur Rettung von Umwelt und Menschheit einen „Kasernenhofkommunismus“ (201) propagierte und ihm ein „autoritäte[r] Charakterzug“ (217) eigen war, ist dann bei Alexander Amberger nachzulesen. Sein Beitrag hat sich allerdings erst nachträglich in den Band verirrt und ist ausschnittsweise seiner Dissertation entnommen („Bahro – Harich – Havemann“, siehe Buch‑Nr. 46817) – alle anderen Aufsätze spiegeln eine Tagung, die 2010 unter dem Titel „Harich und seine Impulse für die politische Philosophie in Deutschland“ stattgefunden hat. Seine Historisierung kann der Journalist und Philosoph Harich dann posthum quasi immerhin selbst vornehmen, indem er als Zeitzeuge auftritt: In den Band eingestreut sind Originaltexte von ihm abgedruckt, etwa die klarsichtigen „Vorschläge zur Verbesserung der Presse in der DDR“ von 1953, die sich für einen staubfreien Blick zurück auf diesen Teil der deutschen Geschichte anbieten.
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Rubrizierung: 2.3142.3 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Andreas Heyer (Hrsg.): Wolfgang Harich in den Kämpfen seiner Zeit Hamburg: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/40101-wolfgang-harich-in-den-kaempfen-seiner-zeit_48388, veröffentlicht am 06.10.2016. Buch-Nr.: 48388 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken