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Stefan Karner, unter Mitarbeit von Sabine Nachbaur, Dieter Bacher und Harald Knoll

Im Kalten Krieg der Spionage. Margarethe Ottillinger in sowjetischer Haft 1948-1955

Innsbruck/Wien/Bozen: Studien Verlag 2016 (Kriegsfolgen-Forschung Sonderband 17); 244 S.; 19,90 €; ISBN 978-3-7065-5521-0
Margarethe Ottilinger (1919‑1992) war nach dem Zweiten Weltkrieg als Spitzenbeamtin des österreichischen Ministeriums für Vermögenssicherung und Wirtschaftsplanung tätig und dabei unter anderem auch für die landesbezogene Planung des Marshall‑Plans zuständig. Mit Ottilinger verknüpft sich aber nicht nur eine bedeutende Nachkriegskarriere, sondern, wie der Autor bereits in vorangegangenen Publikationen zum Thema hat nachzeichnen können, „der bekannteste und spektakulärste Entführungsfall in Österreich“ (7) überhaupt. Ottilinger wurde am 5. November 1948 vom sowjetischen Geheimdienst in Österreich verhaftet, zu 25 Jahren Lagerhaft verurteilt und frühzeitig – 1955 – wieder freigelassen, nachdem sie in der Haft schwer erkrankt war. Bereits ein Jahr nach ihrer Freilassung wurden die gegen sie erhobenen Vorwürfe fallengelassen und Ottilinger wurde rehabilitiert. Der Band besteht aus zwei Teilen. In einem ersten Textteil werden die Ereignisse, beginnend mit der Verhaftung, über die Verhöre, die Haft bis hin zur Rückkehr nach Österreich historisch‑chronologisch nachgezeichnet. Karner hängt dabei insgesamt der Einschätzung an, dass „eine Verhaftung dieser Größenordnung“ (79) nur vor dem Kontext des sich zuspitzenden Kalten Krieges zu verstehen und mit Wissen und „Einverständnis von Stalin, zumindest jedoch von Außenminister Vjaceslav M. Molotov“ (80) möglich gewesen sei. Der Materialteil des Bandes besteht aus Bildern, die – angefangen mit einem Faksimile der Geburtsurkunde – den Lebenslauf Ottilingers nachzeichnen, aus Dokumentabdrucken und Textdokumentationen verschiedener Verhörprotokolle, die Karner in eigener Recherche in Moskau hat zugänglich machen können. Dass Karner hinsichtlich des Umgangs mit den Verhörprotokollen lediglich anmerkt, dass deren Aussagen „größter Quellenkritik“ (227) zu unterziehen seien, ist vielleicht weniger ein Manko des Bandes, als vielmehr Ansatzpunkt für weitergehende Untersuchungen in der Sache.
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Rubrizierung: 4.12.252.624.22 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Stefan Karner, unter Mitarbeit von Sabine Nachbaur, Dieter Bacher und Harald Knoll: Im Kalten Krieg der Spionage. Innsbruck/Wien/Bozen: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39951-im-kalten-krieg-der-spionage_48320, veröffentlicht am 28.07.2016. Buch-Nr.: 48320 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken