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Christiane Leidinger

Zur Theorie politischer Aktionen. Eine Einführung

Münster: edition assemblage 2015; 152 S.; brosch., 12,80 €; ISBN 978-3-942885-96-6
Obwohl sich mit dem Fokus auf politische Aktionen sehr viel über Aktivist_innen und ihre Netzwerke, ihr Selbstverständnis sowie die Erfolgschancen von Protest erfahren lasse, behandele die etablierte Protest‑ und Bewegungsforschung politische Aktionen selten als gesonderte Kategorie, stellt Christiane Leidinger einleitend fest. Um politische Aktionen als eigenständiges Untersuchungselement von Protesten zu profilieren, unternimmt sie im Wesentlichen zwei Schritte. Sie erarbeitet einen Begriff von politischen Aktionen, der es erlaubt, ihn von benachbarten Begriffen möglichst genau abzugrenzen, und nimmt zu Analysezwecken eine Systematisierung der zahlreichen Formen von politischen Aktionen vor. Was ihren Ansatz auszeichnet, ist der Versuch, ein – im Vergleich zum weit gefassten Begriff der politischen Aktivität – enges Verständnis von politischen Aktionen zu entwickeln und gleichzeitig deren vielfältigen Spielarten gerecht zu werden. Dazu diskutiert sie kritisch die einschlägige Literatur und versucht bestehende Defizite zu beseitigen. So arbeitet sie sich im ersten Schritt durch das „Dickicht an Begriffen mit teils affirmativen, bisweilen diffusen und divergenten bis hin zu widersprüchlichen Auffassungen“ (39) und kommt zu einem Begriff von politischer Aktion, der diese als einen „mehr oder weniger konfrontativen, offensiven Ausdruck, […] ein ausdrückliches, eingreifendes und ein über Sprache hinausgehendes Stellung beziehen und Entscheidungen beeinflussen wollen“ (42) versteht. In Bezug auf die Systematisierung verschiedener Formen politischer Aktionen kritisiert sie insbesondere juristisch und moralisch gefärbte Sichtweisen. In Abgrenzung zu diesen weit verbreiteten, von ihr als Außenperspektive bezeichneten Zugängen, die zumeist zwischen legal/illegal und gewaltlos/gewaltvoll unterscheiden, favorisiert sie die Binnenperspektive, die in die Lage versetzt, politische Aktionen von den Intentionen der Aktivist_innen her zu verstehen und dadurch umfassender zu analysieren. Weitere zentrale Probleme sind für Leidinger die kaum vorhandene Aufmerksamkeit für feministische politische Aktionen und die geringe Berücksichtigung von historischen Kontexten, in denen sich die jeweiligen politischen Aktionen ereigneten. Insgesamt besticht Leidingers Einführung durch einen hohen Reflexionsgrad und sensibilisiert dadurch für eine komplexe Sichtweise auf eine in der Forschung bislang randständig behandelte und von Medien oft nicht ernst genommene politische Praxis.
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Rubrizierung: 5.422.22 Empfohlene Zitierweise: Andreas Schindel, Rezension zu: Christiane Leidinger: Zur Theorie politischer Aktionen. Münster: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39772-zur-theorie-politischer-aktionen_47853, veröffentlicht am 23.06.2016. Buch-Nr.: 47853 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken