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Gerhard Unterthurner / Andreas Hetzel (Hrsg.)

Postdemokratie und die Verleugnung des Politischen

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2016 (Zeitgenössische Diskurse des Politischen 11); 210 S.; brosch., 39,- €; ISBN 978-3-8487-2130-6
„Als Lebensform und normativer Anspruch befindet sich Demokratie in einer Krise“, schreiben die Herausgeber und ihre Zustandsbeschreibung fällt drastisch aus: Das politische System entspreche heute einer Postdemokratie. Die westlichen Staaten bezeichneten sich zwar noch als Demokratien, hielten an Wahlen und anderen demokratischen Institutionen fest, „de facto regiert in ihnen aber nicht mehr das Volk, sondern [es regieren] wirtschaftliche Eliten“ (7). Neoliberalismus, Globalisierung, der Einfluss von Lobbyisten und ein damit einhergehender Relevanzverlust des Staates höhlten die Demokratie zunehmend aus, sind sich Gerhard Unterthurner und Andreas Hetzel sicher. Mit dem Begriff der Postdemokratie beziehen sie sich auf die breit rezipierten Werke von Colin Crouch und Jacques Rancière. In diesem Sammelband wird die Diagnose des postdemokratischen Wandels hinterfragt und diskutiert. Er geht zurück auf eine Tagung in Wien im Jahr 2012. Lea Klasen und Liza Mattutat rekonstruieren in ihrem Beitrag Rancières theoretische Auseinandersetzung mit den Begriffen Demokratie und Demos. Grundsätzliches Problem sei, dass die Bestimmung der Kriterien von Demokratie „selbst notwendig Gegenstand der politischen Auseinandersetzung“ (42) sei. Die Autorinnen verstehen ihren Text als „Kritik an dem Selbstmissverständnis, […] an der Vorstellung, Demokratie lasse sich ein für alle Mal verwirklichen“ (56). Alice Pechriggl lehnt in ihrem Beitrag den Begriff Postdemokratie als „voreilig epochalisierende Kategorisierung“ (95) ab. Sie verweist darauf, dass Demokratie niemals ganz verwirklicht worden sei und nie ganz verwirklicht sein werde. Der Demos werde aus der Sphäre der Politik ausgeschlossen, die Macht liege bei oligarchischen Eliten. „Wir ‚Intellektuellen‘“ (110) müssten solche Einschränkungen der Demokratie kritisieren und dekonstruieren. Als Bürger sollten wir uns gegen die herrschenden Instanzen als Demos immer wieder neu konstituieren, appelliert Pechriggl.
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Rubrizierung: 5.415.462.22.23 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Gerhard Unterthurner / Andreas Hetzel (Hrsg.): Postdemokratie und die Verleugnung des Politischen Baden-Baden: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39766-postdemokratie-und-die-verleugnung-des-politischen_48334, veröffentlicht am 16.06.2016. Buch-Nr.: 48334 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken