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Walter Otto Ötsch / Katrin Hirte / Stephan Pühringer / Lars Bräutigam (Hrsg.)

Markt! Welcher Markt? Der interdisziplinäre Diskurs um Märkte und Marktwirtschaft

Marburg: Metropolis-Verlag 2015 (Kritische Studien zu Markt und Gesellschaft 8); 419 S.; 34,80 €; ISBN 978-3-7316-1161-5
„Markt“ ist ein ebenso gängiger wie diffuser Begriff, nicht nur in der Ökonomik, sondern auch in der politikwissenschaftlichen Debatte, etwa wenn Angela Merkel die Etablierung einer „marktkonformen Demokratie“ (7) anstrebt. Die Beiträge des Sammelbandes zielen darauf ab, für mehr Klarheit zu sorgen: „Markt ist [...] in der neoklassischen Standardtheorie kein überzeugend definierter Begriff. Er ist auch wenig erforscht“ (10). Hierzu werden in diesem Band vier Themenbereiche miteinander verzahnt: eine Theoriegeschichte des Marktes, seine Wissenssoziologie, aktuelle Marktdiskurse und schließlich die Kritik des Marktes. Was die Theoriegeschichte anbelangt, so konkurrieren die Ausdeutungen von Ralf Ptak und Friedrun Quaas. Während Ptak in seiner geschichtlichen Analyse des deutschen „Wirtschaftswunders“ (128) als ordoliberalem Sonderweg des Neoliberalismus zu einem weitgehend diffusen Befund hinsichtlich der Begriffsbestimmung kommt, differenziert Quaas eine marktwirtschaftliche und eine gesellschaftliche Säule, die im Zuge der Verdrängung des Modells der sozialen Marktwirtschaft durch den Neoliberalismus zunehmend ausgeblendet worden sei. Beide sind sich indes einig, dass angesichts des „Siegeszuges des Neoliberalismus“ (171) das Modell der von Alfred Müller‑Armack inspirierten sozialen Marktwirtschaft eine „erwägenswerte Alternative“ (173) verkörpere. Damit sich diese jedoch auch realisieren lasse, müsse die Verabsolutierung des Marktes, so Ptak, aufgegeben und der Markt wieder als das begriffen werden, was er ist – bloß ein „Instrument“ (149) im institutionellen Rahmen einer „sozialen Demokratie“ (150). Sebastian Thieme bleibt es vorbehalten, dieser Hoffnung die gegenwärtige Realität entgegenzusetzen. Im Zuge einer subsistenzethischen Analyse des Begriffes Markt „im Sinne des Wettbewerbs und des Leitbildes einer Arbeits‑ und Marktgesellschaft“ (357) verweist er auf die massiv sozialdestruktive Wirkung einer Ideologie, die am Ende nur die Sieger bestehen lasse. Ob der solcherart verstandene und öffentlich kommunizierte Markt ethisch zumutbar sei, dürfe bezweifelt werden. Wichtig bleibe es angesichts all dieser Befunde, so Walter Otto Ötsch zum Abschluss seiner Einleitung, die „Polysemie des Marktes“ (19) und seine konkrete gesellschaftliche Ausgestaltung dem öffentlichen Diskurs wieder zugänglich zu machen: „In einer absoluten Immunisierung steht ‚der Markt’ außerhalb eines sinnvollen gesellschaftlichen Diskurses. Er wird letztlich zu einer Art Gott“ (23).
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Rubrizierung: 2.25.455.43 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Walter Otto Ötsch / Katrin Hirte / Stephan Pühringer / Lars Bräutigam (Hrsg.): Markt! Welcher Markt? Marburg: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39724-markt-welcher-markt_48111, veröffentlicht am 02.06.2016. Buch-Nr.: 48111 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken