Skip to main content
Jürgen Faik

Verteilung und Umverteilung von Wohlstand. Bestandsaufnahme und Folgen der sozialen Polarisierung in Deutschland

Tübingen: Mohr Siebeck 2015; X, 170 S.; brosch., 19,- €; ISBN 978-3-16-153713-4
In den jüngeren Verteilungsdebatten wird eine zunehmende Ungleichheit von Einkommen und Vermögen festgestellt, die an der Zukunftsfähigkeit der Marktwirtschaft ebenso wie an der Leistungsfähigkeit des Sozialstaats zweifeln lässt und zudem als Gefahr für die Demokratie insgesamt gesehen wird. Der Wirtschaftswissenschaftler Jürgen Faik nimmt die Argumente und Thesen dieser Debatten zum Anlass, einmal grundsätzlich nach dem Ausmaß der befürchteten gesellschaftlichen Polarisierung in Deutschland zu fragen. Zunächst erfolgt eine kompakte und allgemein verständliche Erläuterung des Wohlstandsbegriffs, der verschiedenen Dimensionen von Verteilungsgerechtigkeit sowie der Problematik bei der Messung von Wohlstand. Gestützt auf eine breite Quellenbasis analysiert Faik dann umfassend und differenziert die verteilungsrelevanten Entwicklungen in Deutschland und verknüpft diese mit demografischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Prozessen. Seine Befunde bestätigen die allgemein angenommene Tendenz einer steigenden Einkommens‑ und Vermögensdisparität. So hat neben einer rückläufigen Lohnquote auch die Einkommensmobilität in den vergangenen Jahrzehnten deutlich abgenommen, die soziale Lage von kinderreichen Lebensgemeinschaften hat sich verschlechtert und der Anteil der vermögenden Bevölkerung ist angewachsen. Insgesamt lassen sich sowohl erste Anzeichen der Herausbildung einer Parallelgesellschaft der Vermögenden als auch ein Abschmelzen der Mittelschicht erkennen. Zwar sind für Faik noch keine bedrohlichen Ausmaße erreicht, doch er rät, die ausgemachten Tendenzen genau zu beobachten. Zusätzlich zu diesen quasi objektiven Lebensverhältnissen hat er die Wahrnehmung der Ungleichheitsentwicklung in der Bevölkerung in seine Analyse einbezogen. Sowohl zum Sozialstaatsmodell als auch zur Demokratie offenbaren die Diagnosen „durchaus problematische Einschätzungen“ (134). Zwar sind die einzelnen Befunde für sich genommen nicht neu, doch in der kompakten und für ein breites Lesepublikum verständlich aufbereiteten Zusammenschau vermittelt Faik die Dringlichkeit eines politischen Gegensteuerns. Um die „Systemfrage“ (142) zu vermeiden und den sozialen Frieden zu erhalten, bedürfe es einer ausreichenden Umverteilung. Der Autor schlägt verschiedene Maßnahmen (Ausbau von Qualifizierung und Kinderbetreuung sowie eine verstärkte progressive Besteuerung von Vermögen und Kapitaleinnahmen) vor, die insgesamt für „eine weniger pessimistische Positionierung hinsichtlich der Vereinbarkeit einer marktwirtschaftlichen Ordnung mit den Grundsätzen von Leistungsgerechtigkeit“ (148) stehen.
{AR}
Rubrizierung: 2.32.3312.342 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Jürgen Faik: Verteilung und Umverteilung von Wohlstand. Tübingen: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39721-verteilung-und-umverteilung-von-wohlstand_47736, veröffentlicht am 02.06.2016. Buch-Nr.: 47736 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken