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Marie Hakenberg / Verena Klemm (Hrsg.)

Muslime in Sachsen. Geschichte, Fakten, Lebenswelten

Leipzig: Edition Leipzig 2016; 136 S.; 9,95 €; ISBN 978-3-361-00715-4
Im Februar 2015 konstatierte der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich, dass der Islam nicht zu Sachsen gehöre. Das Buchprojekt „Muslime in Sachsen“ versucht ein anderes Bild zu zeichnen. Wissenschaftler_innen und Studierende der Orientalistik, Ethnologie und Religionswissenschaft der Universität Leipzig zeigen, dass sächsische „Muslime auf dem Weg sind, mitgestaltende Kräfte der Gesellschaft zu werden“ (40). Eine Besonderheit des Sammelbandes ist, dass nicht lediglich die Situation von Muslimen in Sachsen analysiert wird, sondern die Betroffenen selbst zu Wort kommen. So teilen in jedem Beitrag ein oder mehrere Muslime ihre persönlichen Erfahrungen mit. Beginnend mit historischen und statistischen Fakten, widmet sich das Buch vier Bereichen muslimischen Lebens in Sachsen: Bildung, Arbeit, Engagement und Alltagsleben; Religionsausübung und Gemeindeleben; Diskriminierung und Ausgrenzung; Kunst und Kreativität. Da über die Hälfte der sächsischen Muslime in Leipzig lebt – ca. 10.000 Menschen – schildern viele von dort ihre Eindrücke. Neben etlichen muslimischen Vereinen hat die Stadt die meisten Moscheen und eine „Arab Street“, die Eisenbahnstraße. Laut Hannah Cremer gibt es „in anderen sächsischen Großstädten wie Dresden und Chemnitz keinen vergleichbaren Ort der Multikulturalität“ (62). Ursächlich für die allgemein geringe Anerkennung muslimischen Lebens in Sachsen sei vor allem ihre „schwache Vernetzung“ und der „geringe[…] politische[…] Einfluss“ (18), so die Herausgeberinnen. Lediglich über Migrantenbeiräte erhielten sie „Mitsprache in kommunalen Entscheidungsprozessen“ (19). Viele der Aufsätze und Erfahrungsberichte stehen unter dem Eindruck der seit 2015 stattfindenden Demonstrationen islamfeindlicher Bündnisse wie PEGIDA und LEGIDA. Zwei Beiträge setzen sich explizit mit Diskriminierung in Sachsen auseinander, unter anderem auch im Rahmen der Asylaufnahme. Aufgrund der Kürze der Beiträge wirft der Sammelband nur Schlaglichter auf die einzelnen Lebensbereiche. Politikwissenschaftliche Fragen berühren die Autor_innen nur am Rande. Dennoch werden sie ihrem Anspruch gerecht, „zur dringend benötigten Versachlichung der Debatte bei[zu]tragen und [zu] zeigen, dass kulturelle Vielfalt eine große Qualität und Stärke unserer Gesellschaft und damit auch unseres Bundeslandes ist“ (10).
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Rubrizierung: 2.3252.352.3432.331 Empfohlene Zitierweise: Alexandra Neumann, Rezension zu: Marie Hakenberg / Verena Klemm (Hrsg.): Muslime in Sachsen. Leipzig: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39644-muslime-in-sachsen_48257, veröffentlicht am 28.04.2016. Buch-Nr.: 48257 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken