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Gerald Faschingeder / Franz Kolland (Hrsg.)

Bildung und ungleiche Entwicklung. Globale Konvergenzen & Divergenzen in der Bildungswelt

Wien: new academic press 2015 (Historische Sozialkunde / Internationale Entwicklung 34); 216 S.; 24,90 €; ISBN 978-3-7003-1935-1
Was ist in Zeiten von Globalisierung und Neoliberalismus von der Idee einer emanzipatorischen Bildung geblieben? Unter dieser Leitfrage befassen sich die Autorinnen und Autoren mit den bildungspolitischen Entwicklungen seit den 1960er‑Jahren. In dieser Zeit entstanden verschiedene Konzepte, die der Vorstellung von Bildung als Mittel für die Erlangung von Freiheit und Selbstbestimmung – verbunden mit der Hoffnung auf Demokratisierung, Wahrung der Menschenrechte etc. – folgten. Als „für die politische Praxis […] wirkmächtiger“ (10) erwiesen sich jedoch die modernisierungstheoretisch inspirierten Bildungskonzepte, wie die Herausgeber einleitend skizzieren, wonach Bildung per se als gut und entwicklungsförderlich angesehen wurde. Spätestens seit 1989/90 orientiere sich die globale Bildungspolitik am Leitbild von Wettbewerbsfähigkeit und ökonomischer Verwertung. Diese Prozesse kritisch zu hinterfragen und die daraus folgenden Konsequenzen, etwa ob sich divergente oder konvergente Entwicklungen abzeichnen, beispielhaft aufzuzeigen, ist das Ziel der Beiträge. Margarita Langthaler stellt die großen Linien der internationalen Bildungszusammenarbeit und die Debatten über den Zusammenhang von Bildung und Entwicklung dar, wobei sie – auch vor dem Hintergrund des Auslaufens der Millennium Development Goals in 2015 – keine bemerkenswerten paradigmatischen Veränderungen erwartet. Xavier Bonial setzt sich kritisch mit der Humankapitaltheorie, der zufolge Bildung als „Schlüsselsektor für Wachstumsanreize“ (59) gilt, auseinander und legt deren Mängel in der „Konzeption der Beziehung von Bildung und Armut“ (60) offen. Einen beispielhaften Gegenpol zum neoliberal geprägten Mainstream stellt die Bildungspolitik Kubas dar, die Katrin Aiterwegmair als „Fundament für sozialen Wandel“ (106) herausstellt: „Die in Kuba beobachtbare solidarische Kultur des Lernens sowie Politik der Partizipation und dezentrale Organisation können als essenzielle Faktoren für die gesellschaftliche Assimilations‑ und Innovationskapazität identifiziert werden.“ (107) Eine „moderne Form der Kolonisierung“ (198) – und zwar in wirtschaftlicher ebenso wie politischer und kultureller Hinsicht – machen Robert M. Bichler und Kurt Luger hingegen in ihrem Beitrag über virtuelles Lernen und den Handel mit E‑Learning‑Anwendungen aus. Insgesamt trägt der Band zur Bewusstseinsschärfung darüber bei, dass Bildung ein hoch konfliktives Themenfeld darstellt und jegliche Aussage über Bildung immer kontextspezifisch zu betrachten ist.
{AR}
Rubrizierung: 4.442.2632.682.22 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Gerald Faschingeder / Franz Kolland (Hrsg.): Bildung und ungleiche Entwicklung. Wien: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39508-bildung-und-ungleiche-entwicklung_47528, veröffentlicht am 10.03.2016. Buch-Nr.: 47528 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken