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Horst Möller / Ilse Dorothee Pautsch / Gregor Schöllgen / Hermann Wentker / Andreas Wirsching (Hrsg.)

Die Einheit. Das Auswärtige Amt, das DDR-Außenministerium und der Zwei-plus-Vier-Prozess. Hrsg. im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte München – Berlin. Bearb. von Heike Amos und Tim Geiger

Göttingen u. a.: Vandenhoeck & Ruprecht 2015; 834 S.; 34,99 €; ISBN 978-3-525-30076-3
Mit dem Fall der Mauer war auch das Ende des Kalten Krieges gekommen. Die Dynamik und die Geschwindigkeit dieses Transformationsprozesses faszinieren auch nach mehr als 25 Jahren noch. Dabei waren die Ausgangsvoraussetzungen äußerst komplex und die Interessen der Alliierten sehr unterschiedlich. Der erste Vorstoß von Helmut Kohl mit seinem Zehn‑Punkte‑Plan wurde negativ bewertet: „Die Öffentlichkeit im In‑ und Ausland reagierte zunächst vollkommen überrascht, dann skeptisch und eher kritisch‑ablehnend“ (17). In der historischen Rückschau neigen Beobachter oftmals dazu, die Schlüsselrolle nur wenigen Akteure zuzuweisen – und zwar meist den Staats‑ und Regierungschefs. Mit diesem Buch wird zu einer erweiterten Sicht beigetragen, indem der Beitrag des Auswärtigen Amts hervorgehoben wird. Der Band enthält insgesamt 170 bisher unveröffentlichte Dokumente zum Prozess der Wiedervereinigung, die aus den Akten des politischen Archivs des Auswärtigen Amtes stammen. Der Zeitraum erstreckt sich dabei von August 1989 bis zum November 1990. Die Komplexität und die Schwierigkeit der Wiedervereinigung und der Gespräche mit Alliierten und Nachbarländern werden so deutlich sichtbar – etwa, wenn DDR‑Außenminister Markus Meckel beim Staatsbesuch in Polen über latente polnische Ängste informiert wird: „Es sei für Polen wichtig zu wissen, wie sich das vereinigte Deutschland positionieren werde, ob als Mitglied der NATO oder als neutrales Land.“ (431) Ferner waren die Frage nach der Stationierung der sowjetischen Truppen, die künftige Rolle der Bundeswehr und die Zwei‑plus‑Vier‑Gespräche häufige Gesprächsthemen. Spannend sind die Dokumente des DDR‑Außenministeriums, die einen Einblick in dessen politische Pläne geben, die sich deutlich von den Zielen seines bundesdeutschen Pendants unterschieden, sich aber nicht durchsetzen konnten. „In der Endphase des Zwei‑plus‑Vier‑Prozesses wurde die DDR‑Diplomatie daher weitgehend außen vor gelassen.“ (33) Deutlich tritt hervor, dass die deutsche Einigung nicht als rein nationale Angelegenheit betrachtet, sondern im Rahmen einer vertieften europäischen Einigung verortet wurde. Dies sollte gleichsam den Rückfall in nationalistische Egoismen verhindern und weiterhin den Frieden garantieren. Anhand der Dokumente lässt sich sehr gut nachvollziehen, wie diplomatische Prozesse funktionieren und wie diese doch recht unterschiedlichen Interessen und Vorbehalte letztlich nach und nach ausgeräumt werden konnten.
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Rubrizierung: 2.3152.3142.3224.1 Empfohlene Zitierweise: Fabrice Gireaud, Rezension zu: Horst Möller / Ilse Dorothee Pautsch / Gregor Schöllgen / Hermann Wentker / Andreas Wirsching (Hrsg.): Die Einheit. Göttingen u. a.: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39446-die-einheit_47809, veröffentlicht am 25.02.2016. Buch-Nr.: 47809 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken