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Robert Misik

Was Linke denken. Ideen von Marx über Gramsci zu Adorno, Habermas, Foucault & Co

Wien: Picus Verlag 2015; 159 S.; geb., 14,90 €; ISBN 978-3-7117-2030-6
Mit der Geste des geduldigen Erklärers, ausgestattet mit gesundem Menschenverstand, trägt Robert Misik eine Sammlung für das kritische Bewusstsein eher abträglicher Anekdoten über linke Theorien der Politik vor – von Lukács‘ Polemiken in Richtung der Kritischen Theorie über das Belächeln der Forderung nach (samt promptem Bruch des) umsichtigen Sprachgebrauch(s) bis hin zum Verweis auf Karl Marx‘ eigene recht derbe Ader ist alles dabei. Der überzogene Trashtalk über „Adorno und seine Gang“ (60) wäre noch zu verzeihen, da der Autor explizit keinen akademischen Anspruch erhebt. Schlimmer ist, dass sich hinter dem Gefeixe ein knallharter und nur oberflächlich antiautoritär verpackter Standpunkt darüber verbirgt, was die Rolle linker Kräfte heute sein darf und soll. Misik präsentiert sich als überzeugter Gramscianer mit idealistischem Einschlag: „Ja: Ideen verändern die Welt“ (21), heißt es trotzig gegen alle materialistischen Skeptiker. „Wie kommen Ideen in die Köpfe der Menschen hinein und wie kann man sie für die Linke gewinnen“ (45)? Diese zentrale Frage bleibt allerdings Rhetorik, denn die Antwort ist gleich fertig mitgeliefert: „Sozialismus wird man in modernen Gesellschaften keinen errichten, wenn man putschistische kommunistische Miniparteien aufbaut“ (52). Misik hat für Radikalismus also nur Spott übrig und verfehlt damit gerade die Herausforderung, zwischen der Wortgewalt der gegenwärtigen Linken einerseits und ihrer faktischen Einflusslosigkeit andererseits, zwischen der wahren Explosion der postmodernen Produktivkräfte und der Abwesenheit einer kommunistischen Bewegung andererseits zu vermitteln. Stattdessen wird Theorie karikiert und in fataler Weise als negatives Bild für die eigene Position in den Dienst genommen – fatal, weil die damit legitimierte Politik dann auch noch völlig frei von auch nur kleinsten Siegen bleibt: Wie gut das reformistische, nicht‑kommunistische Ringen um gesellschaftliche „Hegemonie“ (47) funktioniert, kann man in Österreich schließlich seit vielen Jahren an den Wahlergebnissen der FPÖ beobachten. „Geht’s den Reformisten gut, geht’s auch den Radikalen gut“ (43) – eine historisch wie theoretisch unhaltbare Position.
{FG}
Rubrizierung: 5.425.465.33 Empfohlene Zitierweise: Florian Geisler, Rezension zu: Robert Misik: Was Linke denken. Wien: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39442-was-linke-denken_47767, veröffentlicht am 25.02.2016. Buch-Nr.: 47767 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken