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Daniel Baron

Das schwere Los der Demokratie. Chancen und Grenzen zufallsbasierter Beteiligungsverfahren

Marburg: Tectum Verlag 2014 (Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum Verlag: Politikwissenschaften 58); IX, 334 S.; 39,95 €; ISBN 978-3-8288-3348-7
Diss. Aachen; Begutachtung: H. König, P. Hill. – Losverfahren in politischen Entscheidungsprozessen, wie sie beispielsweise in Form von Planungszellen oder Bürgerhaushalten zur Anwendung kommen, werden einerseits als Belebung der Demokratie betrachtet. Andererseits unterliegen sie der Kritik, dass sozial benachteiligte Menschen unterrepräsentiert sind und vornehmlich aufgeklärte, politisch Interessierte beteiligt werden. Um ihr aufklärerisches Potenzial zur Geltung zu bringen, benötigen zufallsbasierte Beteiligungsverfahren daher „gerechte Durchführungskontexte“ (7), damit diese nicht „soziale Ungleichheit in politische umwandeln statt politische Gleichheit zu stärken“ (8). Daniel Baron nimmt die von ihm eingangs konstatierte demokratietheoretische Wiederbelebung politischer Losverfahren zum Anlass für eine umfassende Aufarbeitung des theoretisch‑konzeptionellen Forschungsstandes und eine „normative[.] Neujustierung der aleatorischen Demokratietheorie“ (12). Ihm geht es zum einen um die Realisierungschancen zufallsbasierter Prozeduren in Zeiten sozialer Prekarisierung, zum anderen fragt er nach den demokratietheoretischen Implikationen der Anreicherung der parlamentarischen Demokratie mit politischen Losverfahren. Im Zentrum seiner Betrachtung stehen fünf demokratietheoretische Kernelemente: politische Partizipation, Verpflichtung, Output, Souveränität und Repräsentation. Der Arbeit liegt ein optionalistisches Politikverständnis zugrunde, auf das die weitere Argumentation aufbaut. Es unterscheidet sich von dem in der Praxis häufig anzutreffenden technisch‑prozeduralen Politikbegriff mit dem Ideal einer möglichst spiegelbildlichen sozialstrukturellen Repräsentation der am Losverfahren Beteiligten, das sich für Baron als „kaum plausibel“ (38) erweist. Der Autor unterstreicht stattdessen die Möglichkeit, Politik als Erfahrungsraum zu begreifen. Danach „eröffnen aleatorische Beteiligungsverfahren politisch unentschiedenen Bürgern Räume, in denen das Urteilen über das subjektive Beteiligt‑sein‑wollen abseits turnusgemäßer Wahlzyklen im Austausch mit anderen Bürgern möglich werden kann“ (221). In diesem Sinne geht es nicht allein um beispielsweise bessere Gesetze als Output solcher Verfahren, sondern vielmehr um immaterielle Fragen der persönlichen Kompetenzstärkung und Selbstaufklärung – um „die Anregung der Bürger zur politischen Selbstreflexion trotz sozialer Ungleichheiten und Selektivitäten“ (223). Baron führt mit dieser Dissertation Überlegungen aus seiner Magisterarbeit über politische Selbstbestimmung (siehe Buch‑Nr. 41606) fort.
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Rubrizierung: 5.412.21 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Daniel Baron: Das schwere Los der Demokratie. Marburg: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39435-das-schwere-los-der-demokratie_47468, veröffentlicht am 25.02.2016. Buch-Nr.: 47468 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken