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Daniel Hackbarth

"denken entlang der Politik". Zum Begriff des Materialismus bei Max Horkheimer und Louis Althusser

Münster: Westfälisches Dampfboot 2015; 321 S.; 36,90 €; ISBN 978-3-89691-727-0
Diss. TU Darmstadt; Begutachtung: C. Hubig, M. Weingarten. – Daniel Hackbarths Ausgangspunkt ist die Nähe zweier gesellschaftstheoretischer Konzeptionen, die über eine grobe Zurechnung zum westlichen Marxismus hinaus selten so klar hervorgehoben wurde. Ursprung dieser Parallelität ist eine geteilte theoretische Herausforderung, die sowohl für Althusser als auch für Horkheimer in der Reaktivierung eines marxistischen Denkens entgegen den erstarrten Konzeptionen des doktrinären Weltanschauungsmarxismus besteht – ohne den spezifischen Erkenntnisanspruch aufzugeben. Denn während in Engels’ wissenschaftlichem Sozialismus und der davon in Gang gebrachten Ausarbeitung der Naturdialektik bis zu Stalin das Denken in eben jener Abstraktion zum Stillstand kommt, gegen die schon Marx selbst seine Idealismuskritik in Stellung brachte, bemühen sich Horkheimer und Althusser jeweils, diese Bewegung des Denkens entlang der gesellschaftlichen Praxis wieder aufzunehmen. Es sind mithin Interventionen gegen einen metaphysischen Geschichtsbegriff, den Reduktionismus und Elitismus der Theorie sowie gegen eine Endgültigkeit des Denkens. Aber ihre Nähe „dürfte nicht nur darin begründet liegen, dass beide Theoretiker versuchten, dem orthodoxen Marxismus ein anderes Begriffsdispositiv gegenüberzustellen, sondern auch in dem Umstand, dass sich beide in ähnlicher Weise mit subjektivistischen Ansätzen konfrontiert sahen […, die] deutliche Spuren in der jeweiligen Ausarbeitung des Materialismus‑Begriffs zeitig[en]“ (62). Im Materialismus, der erkenntnistheoretisch wissenschaftlichen Position, entscheidet sich jeweils das Dilemma zwischen dem Anspruch der Objektivität von Erkenntnis und deren Durchkreuzung in der menschlichen Praxis. War es der Praxisbegriff, dessen Überbetonung im Subjektivismus des Neukantianismus oder bei Sartre als Mittel gegen den objektivistischen Dogmatismus galt, so wollen Althusser wie Horkheimer diese widersprüchlichen Elemente nicht einfach in Deckung bringen, sondern dialektisch vermitteln. Dies bezeugt nicht zuletzt Horkheimers Vorstellung einer theoretischen Verlängerung der proletarischen Kämpfe oder Althussers Konzept der Philosophie als Klassenkampf in der Theorie. Anhand der jeweiligen Theoriegebäude und ihrer historischen Kontexte rekonstruiert Hackbarth deren Materialismus‑Konzeptionen, die gegen eine ontologische Gründung des Denkens an dem Erkenntnisanspruch einer Gesellschaftstheorie festhalten. Diese exemplarische Ausführung eröffnet dezidiert die Möglichkeit, die Diskussion über eine kritische Theorie der Gesellschaft jenseits der vielen Missverständnisse wieder aufzunehmen, in deren Namen sie schon zu den historischen Akten gelegt wurde.
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Rubrizierung: 5.425.465.33 Empfohlene Zitierweise: Alexander Struwe, Rezension zu: Daniel Hackbarth: "denken entlang der Politik" Münster: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39244-denken-entlang-der-politik_47965, veröffentlicht am 07.01.2016. Buch-Nr.: 47965 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken