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Hasnain Kazim

Plötzlich Pakistan. Mein Leben im gefährlichsten Land der Welt

München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2015 (dtv premium); 280 S.; kart., 14,90 €; ISBN 978-3-423-26077-0
„Pakistan ist kein Staat mit einer Armee. Es ist eine Armee mit einem Staat.“ (11) Hasnain Kazim beschreibt das Land als verrückt, chaotisch und gefährlich; als eine Nuklearmacht, in der es zu wenig Bildung, Arbeitsplätze, Wasser und Energie gibt, dafür aber regelmäßig Terroranschläge und die ständige Gefahr des Krieges mit dem Nachbarn Indien. Eigentlich sollte Kazim in Indien für das Magazin „Der Spiegel“ eine Korrespondentenstelle antreten. Mit seiner Frau stand er kurz vor dem Umzug nach Neu‑Delhi. Doch überraschend verweigerte ihm die indische Regierung die Einreise. Als Gründe vermutet er einerseits seine teils pakistanischen Wurzeln und andererseits seine in der Vergangenheit regierungskritische Berichterstattung. Kurzfristig entschied er sich, auf das von westlichen Südostasien‑Korrespondent_innen sonst gemiedene Pakistan auszuweichen. 2009 bis 2013 arbeitete und lebte er in Islamabad. In seinem anregend und flott geschriebenen Buch beschreibt er sehr persönlich das nicht einfache Alltagsleben, porträtiert Pakistan aber auch aus historischer, geopolitischer und kulturgesellschaftlicher Perspektive. Seine journalistische Erzählweise bringt es mit sich, dass nicht immer klar ist, wann er persönlich Miterlebtes berichtet und wann er die Aussagen anderer wiedergibt: Kazim beschreibt etwa, wie wenige hundert Meter von seiner Wohnung entfernt ein Jugendlicher sich mit dem Ausruf „Allahu Akbar“ (37) am Eingang eines Armeegeländes in die Luft sprengte. „Ich hörte auf der Terrasse einen lauten Knall.“ (37) Bei der weiteren Schilderung lässt er offen, ob er auch unmittelbar Zeuge des weiteren Geschehens wurde. Den Zwiespalt dadurch, dass er und seine Frau sich an die allgegenwärtige Terrorbedrohung nicht gewöhnen konnten und trotzdem als Gäste dem Land gegenüber offenzubleiben versuchten, beschreibt er anschaulich. Einen anderen Zwiespalt sieht er beim weitverbreiteten Antiamerikanismus in der Bevölkerung: „In Amerika zu studieren ist richtig, Amerika zu mögen dagegen falsch.“ (199) Auch erzkonservative und streng religiöse Politiker verdammen demnach den Westen und speziell die USA, schicken ihre Kinder aber nach Möglichkeit genau dorthin für eine bestmögliche Ausbildung. Pakistan ringe um seine Identität, resümiert Kazim. Der Politik fehle der „Wille zum guten Regieren“ (278). Geld, Religion und fremde Großmächte spielten eine fatale Rolle. Er persönlich habe Gastfreundschaft ebenso wie Aggression und Gewaltbereitschaft erlebt und könne inzwischen die hohe Emigrationsbereitschaft der Pakistani gut verstehen.
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Rubrizierung: 2.682.222.232.272.254.41 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Hasnain Kazim: Plötzlich Pakistan. München: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39210-ploetzlich-pakistan_47777, veröffentlicht am 17.12.2015. Buch-Nr.: 47777 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken