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Dieter H. Kollmer (Hrsg.)

Militärisch-Industrieller Komplex? Rüstung in Europa und Nordamerika nach dem Zweiten Weltkrieg. Hrsg. im Auftrag des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr

Freiburg i. Br. u. a.: Rombach Verlag 2015; 312 S.; pb., 24,80 €; ISBN 978-3-7930-9808-9
Es handelt sich um „die erste Publikation im deutschsprachigen Raum, die multinational, multiperspektivisch und komparatistisch die Entwicklung der Rüstung und Rüstungsbeschaffung in Europa und in den USA während des Ost‑West‑Konflikts nachvollzieht“ (VIII), schreibt Hans‑Hubertus Mack im Namen des Herausgebers, dem Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr. In seiner Einleitung vermerkt Dieter H. Kollmer zunächst, dass der ganze Themenkomplex in der Öffentlichkeit bisher vor allem dann Aufmerksamkeit erfahren habe, „wenn es sich dabei um wirkliche oder vermeintliche Beschaffungsskandale handelte“ (2). In diesem Band aber, der auf Beiträgen zu einem internationalen Workshop vom November 2011 basiert, geht es um die grundsätzliche Erfassung von militärisch‑industriellen Komplexen – so sie denn vorhanden sind. Kollmer erläutert dazu die Kriterien und geht – ausführlicher dann in seinem Beitrag – auf die (west‑)deutschen Besonderheiten in der Rüstungsbeschaffung ein. Interessant ist auch sein Hinweis auf die geringe volkswirtschaftliche Bedeutung der Rüstungsindustrie in der Bundesrepublik. In den länderspezifischen Beiträgen werden die zum Teil weit in die Geschichte zurückreichenden Pfade (USA, Großbritannien) deutlich, überwiegend aber erweist sich das Ende des Zweiten Weltkriegs und der Beginn der Ost‑West‑Konfrontation als Zeitpunkt der Weichenstellung. Hervorzuheben ist, dass in den Beiträgen auch kleine und neutrale Länder wie Dänemark, Schweden und die Schweiz berücksichtigt werden. Für Österreich zeigt Erwin A. Schmidl, dass man für eine aufwändige Rüstung eher wenig Mittel zur Verfügung hat(te) und die politische Führung des Landes das Bundesheer von Anbeginn an „eher als notweniges Übel“ (194) sah, allenfalls mit einer symbolischen Bedeutung ausgestattet. Wenig scheint sich daran – trotz inzwischen internationaler Einsätze – geändert zu haben, das österreichische Budget für das Bundesheer ist „Schlusslicht in der EU“ (213). Im abschließenden Beitrag stellt Bastian Giegerich fest, dass die meisten europäischen Staaten nicht mehr in der Lage seien, eigene unabhängige Streitkräfte aufzustellen und größere Rüstungsprojekte umzusetzen. In der EU und der NATO sei es aber zu neuen Formen der Verteidigungskooperation gekommen mit dem Ziel, gemeinsam wirtschaftlich und militärisch sinnvoll handeln zu können.
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Rubrizierung: 4.12.622.642.614.22.3432.3142.3132.43.52.263 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Dieter H. Kollmer (Hrsg.): Militärisch-Industrieller Komplex? Freiburg i. Br. u. a.: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39201-militaerisch-industrieller-komplex_47501, veröffentlicht am 17.12.2015. Buch-Nr.: 47501 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken