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Yunus Yoldaş / Burak Gümüş / Wolfgang Gieler (Hrsg.)

Die Neue Türkei. Eine grundlegende Einführung in die Innen- und Außenpolitik unter Recep Tayyip Erdoğan

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2015; 425 S.; geb., 72,95 €; ISBN 978-3-631-66700-2
Als Recep Tayyip Erdoğan im Jahr 2014 den Präsidentschaftswahlkampf gewann, äußerte sich der Politiker vor seinen Anhängern zu seinen Visionen einer „Neuen Türkei“. Doch was steckt hinter diesem Begriff, der mehr als ein gewöhnlicher Parteislogan ist? Der Sammelband gibt einen politikwissenschaftlichen Einblick in die innenpolitische und außenpolitische Dynamiken der heutigen Türkei im Kontext dieses neuartigen Diskurses. Burak Gümüş beweist, dass es sich um keine Leerformel handelt. Vielmehr steht der Begriff im Zusammenhang mit der „Entkemalisierung von Staat und Gesellschaft durch die AKP“ (55) und stellt nicht nur die bisherige Staatsideologie infrage. Der Politikwissenschaftler analysiert dies unter anderem an den „Putschisten‑Prozessen“, die er als „Ausdruck der Rivalität zwischen politischen Eliten“ (58) beschreibt. Die Überwindung der kemalistischen Ideologie und ihrer Träger durch die aufstrebenden islamischen Eliten ist der Ausgangspunkt für eine politische Hegemonie der AKP. Die „Neue Türkei“ soll allerdings auch eine konkrete staatsrechtliche Umgestaltung erfahren. Özlem Becerik Yoldaş und Kutluhan Bozkurt diskutieren in ihren Beiträgen die zwei wesentlichen Kerndebatten zur Entwicklung des politischen Systems der gegenwärtigen Republik: die Schaffung einer neuen Verfassung und die Einführung des Präsidialsystems. An dieser Stelle stellt sich die Frage nach den zukünftigen Perspektiven der türkischen Demokratie. Doch auch in der Außenpolitik zeigt sich ein neues Gesicht. Christian Johannes Henrich verweist auf Herausforderungen und auf eine proaktivere außenpolitische Rolle des Landes. Die AKP‑Regierung entwickelte in den vergangenen Jahren „einen strategischen Ansatz […], der darauf abzielt, die brisante geografische Lage der Türkei als politischen Vorteil in den internationalen Beziehungen zu benutzen“ (231). Dass der außenpolitische Kurs fast ein Jahrzehnt von Erfolgen gekrönt war, ist kaum zu übersehen. Warum die Türkei heute allerdings „vor einem Scherbenhaufen ihrer anfangs erfolgreichen Außenpolitik“ (243) steht, erläutert Burak Çopur. Der Sammelband gibt einen kompakten Einblick in hochaktuelle Fragen der politikwissenschaftlichen Türkeistudien aus verschiedensten Blickwinkeln.
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Rubrizierung: 2.634.222.222.212.242.232.612.642.67 Empfohlene Zitierweise: René Neumann, Rezension zu: Yunus Yoldaş / Burak Gümüş / Wolfgang Gieler (Hrsg.): Die Neue Türkei. Frankfurt a. M. u. a.: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39189-die-neue-tuerkei_47876, veröffentlicht am 10.12.2015. Buch-Nr.: 47876 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken