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Carola Richter / Asiem El Difraoui (Hrsg.)

Arabische Medien

Konstanz/München: UVK Verlagsgesellschaft 2015; 344 S.; 44,- €; ISBN 978-3-86764-509-6
Aus der Kommunikationswissenschaft ist bekannt, wie umfassend Medien die Wahrnehmung sozialer Wirklichkeit prägen. Während westliche Medien dabei quasi einer permanenten wissenschaftlichen Analyse unterliegen, existieren bisher nur wenige Arbeiten zu arabischen Medien – diese behandeln meist den internationalen TV‑Sender Al‑Jazeera oder aber islamistische Sender wie Al‑Manar. Mit diesem Sammelband liegt das erste deutsche Überblickswerk über Medien in der arabischen Welt vor. Dabei ergibt sich ein facettenreiches Bild: Zwar dominieren nationalstaatlich geprägte Unterschiede, die Autor_innen erörtern aber auch im länderübergreifenden Buchteil mehrere Gemeinsamkeiten – die arabische Sprache natürlich sowie die Rolle des Satellitenfernsehens und der sozialen Medien. Leider gehören in diese Aufzählung auch der Islamismus sowie die Einschränkungen der Presse‑ und Meinungsfreiheit. Wenngleich sich hier wenigstens teilweise positive Dynamiken zugunsten etwa von Frauen und Minderheiten ergeben, kann aus westlicher Perspektive von Presse‑ und Meinungsfreiheit weiterhin keine Rede sein. Entsprechend ambivalent fallen die Befunde der Länderstudien aus. Ihr Aufbau ist einheitlich: Auf einen historischen Rückblick folgt ein Abriss der gesellschaftlichen Verhältnisse, an den sich Ausführungen zu den politischen, rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen sowie zur technologischen Infrastruktur anschließen. Loyale Staatsmedien koexistieren hiernach zumeist mit privaten Medien und dem Internet. Letzteres ermöglicht trotz weitreichender Zensur immer wieder auch alternative Diskurse und kleine Teilöffentlichkeiten fernab des diktierten inhaltlichen Konsenses. In Gaza und Westjordanland existieren beispielsweise recht beachtliche Formen des Bürgerjournalismus. Trotz hoher Preise verfügte 2012 jeder zweite palästinensische Haushalt über einen Computer, jeder dritte über einen Internetanschluss. Und Tunesien, das einzige Land, in dem der Arabische Frühling erfolgreich verlief, erlebt gerade einen umfassenden Transformationsprozess seines Mediensystems. Gefragt sind dort neue Finanzierungsmodelle sowie Mechanismen, die künftig die Unabhängigkeit der Medien von staatlichen Einflüssen sichern. Der Sammelband bietet eine Fülle relevanter und bemerkenswerter Details und Fakten. Was fehlt, sind genauere Ausführungen zu den medialen Inhalten. Welche Themen beherrschen die jeweiligen nationalen Diskurse? Wer kommt dabei zu Wort, welche Narrative werden verwendet? Aus welchen Perspektiven werden Nachrichten von globaler Bedeutung präsentiert und kommentiert? Daher wäre ein zweiter Band zu den medialen Inhalten eine sinnvolle Ergänzung.
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Rubrizierung: 2.63 | 2.22 | 2.27 Empfohlene Zitierweise: Dirk Burmester, Rezension zu: Carola Richter / Asiem El Difraoui (Hrsg.): Arabische Medien Konstanz/München: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39153-arabische-medien_47515, veröffentlicht am 03.12.2015. Buch-Nr.: 47515 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken