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Christoph Scherrer (Hrsg.)

The Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP): Implications for Labor

München/Mering: Rainer Hampp Verlag 2014 (Labor and Globalization 5); VIII, 199 S.; 24,80 €; ISBN 978-3-86618-396-4
Die Liberalisierung von Handel über staatliche Grenzen hinweg könne eine Quelle materiellen Wohlstands sein, so Herausgeber Christoph Scherrer. Im geplanten Freihandelsabkommen zwischen den USA und Europa – The Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) – gehe es allerdings kaum um Handel, sondern um die Machtsteigerung von Unternehmen: „TTIP is clearly driven by a corporate agenda.“ (1) Da die meisten Zölle im transatlantischen Handel ohnehin niedrig seien, konzentriere sich TTIP auf die Reduzierung von nichttarifären Handelshemmnissen, also auf Regulierungen von Beschäftigung, des Umweltschutzes und des öffentlichen Gesundheitswesens, die Unternehmen abzubauen, zu umgehen und durch private Gerichtsbarkeit zu ersetzen suchten. Wenngleich nicht jede Gewerkschaft (besonders aber jene im öffentlichen Sektor) direkt von TTIP beeinflusst sei, werde doch die gesamte Arbeiter_innenbewegung, jedenfalls indirekt, die Zunahme unternehmerischer Macht zu spüren bekommen: Scherrer nennt Privatisierungen öffentlicher Güter, damit einhergehend steigende Preise im Gesundheitswesen, einen zunehmenden Konkurrenzdruck etwa in der Landwirtschaft und mögliche Einschränkungen kollektiver Handlungsoptionen (z. B. des Mindestlohns) angesichts des privat‑gerichtlichen Investorenschutzes. Gewerkschaften müssten sich daher, in Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, der ohnehin schon enormen unternehmerischen Macht stellen und ihre Mitglieder gegen TTIP mobilisieren. Dafür sei es nötig, den möglichen Einfluss von TTIP anhand früherer Erfahrungen in den industriellen Beziehungen und mit individuellen Unternehmensstrategien zu analysieren und Parlamente auf nationaler und europäischer Ebene zu adressieren: Übereinstimmend kommen Stefan Beck und eine Forschungsgruppe um Werner Raza zu dem Ergebnis, dass eher unbedeutenden ökonomischen Vorteilen durch TTIP erhebliche Risiken in Bezug auf Beschäftigungsstandards, Umweltschutz und Demokratie gegenüberstehen. Pia Eberhardt formuliert es in ihrer Untersuchung zum geplanten Investorenschutz durch private Schiedsgerichte folgendermaßen: „The ultimate aim of investment law is to place restrictions on counter‑hegemonic forces and democracy.“ (110) Angesichts erfolgreicher Gegenstrategien in den 1990er‑Jahren könne eine Publikation der Verhandlungstexte entsprechende Bemühungen eingrenzen. Private Schiedsgerichte aber seien zu verhindern: Laut der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di dürfe auch eine anzustrebende Transparenz im Hinblick auf die TTIP‑Verhandlungen nicht über antidemokratische Gefahren von Privatgerichten hinwegtäuschen.
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Rubrizierung: 4.433.63.52.222.3312.644.22 Empfohlene Zitierweise: Hendrik Simon, Rezension zu: Christoph Scherrer (Hrsg.): The Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP): Implications for Labor München/Mering: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39044-the-transatlantic-trade-and-investment-partnership-ttip-implications-for-labor_46982, veröffentlicht am 05.11.2015. Buch-Nr.: 46982 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken