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Ulrich Kraetzer

Salafisten. Bedrohung für Deutschland?

Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2014; 288 S.; geb., 19,99 €; ISBN 978-3-579-07064-3
Seit geraumer Zeit sind Salafisten Thema heftiger Auseinandersetzungen, unter anderem weil sie in Fußgängerzonen kostenlose Koran‑Übersetzungen verteilen und weil im April 2015 der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz davor warnte, dass Salafisten einen islamischen Gottesstaat in Deutschland errichten wollten. Der Journalist Ulrich Kraetzer, der sich im Zuge seiner Arbeit mit dem Salafismus auseinandergesetzt und mehrfach darüber berichtet hat, rechnet in seinem Buch nicht von vornherein mit der islamistischen Idee ab und verfällt auch nicht in ein simples Gut‑Böse‑Denken. Vielmehr ist er der Ansicht, dass, „um den richtigen Umgang mit dem Salafismus zu finden, […] man die Ideologie sowie die Motivationen und Strategien ihrer Akteure verstehen“ (11) muss. Daher urteilt Kraetzer nicht vom Schreibtisch aus, sondern besucht beispielsweise eine salafistische Benefizveranstaltung und spricht mit Anhängern dieser Ideologie. Er beschreibt seinen ersten Eindruck: Salafisten sind „normale Menschen, mit denen man normal reden kann“ (24). In der anschließend ansetzenden differenzierten Auseinandersetzung mit dem Phänomen Salafismus in Deutschland beleuchtet der Autor die Wurzeln des Glaubens und seine Verwandtschaft sowie Differenzen zu anderen islamischen Strömungen. Hierfür stellt er unter anderem die für den Salafismus wichtigen Ideengeber vor und erläutert das für viele islamische Strömungen maßgebende Konzept der wahhabitischen Glaubenslehre Aqida, das von der Einheit und Einzigartigkeit Gottes als Schöpfer, Herrscher und Gebieter ausgeht. Das speziell für Salafisten wichtige Konzept der tauhid al‑uluhiyya (Einzigartigkeit der Anbetung) legen sie beispielsweise so aus, dass nicht nur die persönliche Lebensführung, sondern auch die Organisation von Staat und Gesellschaft nach den Geboten und Verboten des Korans ausgerichtet werden muss. Wie Kraetzer herausstellt, beteiligen sich nicht alle Salafisten am Dschihad, vielmehr bedient sich der überwiegende Teil – wenn überhaupt – friedlicher politischer Mittel. Anschließend zeichnet Kraetzer dezidiert die Entwicklung sowie die Strategien und Inhalte salafistischer Predigergruppen in Deutschland nach. Insgesamt legt er einen differenzierten und gut verständlichen Überblick über ein komplexes Phänomen vor.
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Rubrizierung: 2.372.352.331 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Ulrich Kraetzer: Salafisten. Gütersloh: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38913-salafisten_45413, veröffentlicht am 01.10.2015. Buch-Nr.: 45413 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken