The Yugoslav Example. Violence, War and Difficult Ways Towards Peace
In diesem Band stehen die Kriege im Mittelpunkt, die mit dem Zerfall der Bundesrepublik Jugoslawien Anfang der 1990er‑Jahre ausbrachen. Sie haben nicht nur hunderttausenden Menschen das Leben gekostet – die Zahl an Verletzten und Kriegsflüchtlingen war sogar noch höher –, sondern hatten auch langfristig verheerende Folgen für die Umwelt und die Gesellschaften in der Region. Noch immer schwelen die Konflikte zwischen ehemaligen Nachbarn weiter, die bis heute zu keiner friedlichen Koexistenz imstande sind. Außerdem haben die Kriege die Illusion eines auf immer befriedeten Kontinents Europa zerstört. Herausgeberin Bettina Gruber stellt eine stark kulturalisierte Wahrnehmung der Jugoslawien‑Kriege fest, die vor allem als ethnische Konflikte dargestellt würden, als Kampf der Kulturen im Sinne Huntingtons. Diese (aus ihrer Sicht problematische) Perspektive gelte es heute kritisch zu hinterfragen, sowohl im akademischen als auch im politischen Diskurs. Die Beiträge des Sammelbands bieten daher differenzierte Analysen der Ursachen für die Kriege und die Spannungen der Nachkriegszeit. Das Buch basiert auf der Konferenz „Krieg(e) in Jugoslawien – 20 Jahre später“, die 2011 in Klagenfurt stattfand. Walter J. Fend benennt als Kriegsgrund nicht in erster Linie den Nationalismus, sondern systemische Defizite, die zu einer sozioökonomischen und politischen Krise und zu einem Versagen der Führungsschicht führten. Aber er sieht zukünftig großes Potenzial für friedliche Kooperationen zwischen den jugoslawischen Nachfolgestaaten: Zum einen, weil nationalistische Führer wie Slobodan Miloševi? von der politischen Bildfläche verschwunden seien, und zum anderen aufgrund der Dynamik der europäischen Integrationspolitik. Selbst nationalkonservative Politiker nehmen seiner Beobachtung nach inzwischen eine pro‑europäische Haltung ein und wenden sich damit, wenn auch oft aus opportunistischen Gründen, von einem strikt nationalistischen Kurs ab.