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Mona Motakef

Prekarisierung

Bielefeld: transcript Verlag 2015 (Einsichten. Soziologische Themen – Themen der Soziologie); 184 S.; 14,99 €; ISBN 978-3-8376-2566-0
Unter Prekarisierung und Prekarität werden jene Prozesse sozialen Wandels verstanden, die mit einer Erschütterung gesellschaftlicher Organisationsformen und Institutionalisierungen verbunden sind und zu sozialer Unsicherheit führen. In dieser Einführung in das Thema vermittelt Mona Motakef zunächst einen Überblick über die zentralen „Impulsgeber“ (6) der Debatte – Robert Castel, Pierre Bourdieu und Judith Butler – und fasst die sich an deren Schriften anschließenden Diskurse zusammen. Anschließend stellt sie die Arbeits‑ und Industriesoziologie, die Geschlechterforschung sowie postoperaistische Ansätze in den Mittelpunkt. In diesen wissenschaftlichen Feldern bildet die Prekarisierung einen wichtigen Bezugspunkt. Mit Blick auf die arbeits‑ und industriesoziologische Forschung wird die Zunahme von Arbeitsverhältnissen jenseits des Normalarbeitsverhältnisses problematisiert. Motakef verweist dann darauf, dass in der Geschlechterforschung eben dieser Forschungsbezug auf das Normalarbeitsverhältnis kritisiert werde, da es sich dabei um eine Erwerbsform handele, die niemals auf alle Beschäftigten zugetroffen habe. Zudem sei die unvollständige Erwerbsintegration vieler Frauen implizite Voraussetzung des (männlichen) Normalarbeitsverhältnisses, da es nur von einer von Haus‑ und Familienarbeit weitestgehend befreiten Arbeitskraft realisierbar sei – institutionell drücke sich so eine strukturelle Verknüpfung von Produktions‑ und Reproduktionssphäre auf der Basis der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung aus. Deshalb berücksichtige die Prekarisierungsdebatte in der Geschlechterforschung auch Care‑Arbeit, den Wandel des Sozialstaates und die Veränderungen in den Familien‑ und Haushaltsformen. In postoperaistischen Ansätzen, die Motakef als „theorie‑politische Strömung, welche die Analyse und Kritik der kapitalistischen Transformationsprozesse mit dem Entwurf emanzipatorischer Praxen verbindet“, beschreibt, wird Prekarisierung „als eine verallgemeinerte Erfahrung begriffen, die aus veränderten Produktionsregimen erwachsen ist, die wiederum auf die Produktivmachung des gesamten Lebens zielt“ (118). Diese „Prekarisierung der Existenz“ (129) habe emanzipatorisches Potenzial und bilde den Ausgangspunkt für vielfältige politische Aktionen. Abschließend fächert Motakef sechs Perspektiven für die Prekarisierungs‑ und Prekaritätsforschung auf. Das verständlich geschriebene Buch bietet einen gut informierten Überblick über das Thema.
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Rubrizierung: 2.22.272.342 Empfohlene Zitierweise: Alexandra Scheele, Rezension zu: Mona Motakef: Prekarisierung Bielefeld: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38624-prekarisierung_47029, veröffentlicht am 09.07.2015. Buch-Nr.: 47029 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken