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Klaus Schroeder / Monika Deutz-Schroeder

Gegen Staat und Kapital – für die Revolution! Linksextremismus in Deutschland – eine empirische Studie

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2015 (Studien des Forschungsverbundes SED-Staat an der Freien Universität Berlin 22); XIII, 653 S.; 29,95 €; ISBN 978-3-631-66283-0
Während zu Rechtsextremismus und Islamismus kontinuierlich geforscht und publiziert wird, sind seriöse Arbeiten zum aktuellen Linksextremismus noch immer rar. Die Gründe dafür sind vielfältig; etwa weil manche linksorientierte Forscher nicht die Neutralität aufbringen, die eine wissenschaftliche Analyse politischen Handelns gebietet, oder auch, weil die Gesellschaft die Virulenz des deutschen Linksextremismus realistischerweise als deutlich geringer einschätzt als die des Rechtsextremismus und Islamismus. Vor diesem Hintergrund haben die Autoren ein echtes Standardwerk vorgelegt. Sie setzen sich zunächst ausgiebig mit dem aktuellen Forschungsstand und den wenigen empirischen Studien zum Linksextremismus auseinander, schildern seine bundesdeutsche Geschichte und erläutern die mitunter recht bizarren Selbstdarstellungen der wichtigsten Gruppen. Einen Schwerpunkt bilden die Autonomen. Der ewigen Auseinandersetzung um den Extremismus‑Begriff ist ebenfalls ein eigenes Kapitel gewidmet. Hervorzuheben ist, dass Schroeder und Deutz‑Schroeder zwar dem militanten Linksextremismus am ausführlichsten thematisieren, aber auch die Verbreitung linksextremer Einstellungen in der Gesellschaft erörtern. Letzteres fehlt bei etlichen anderen Arbeiten, die sich häufig an der Extremismus‑Definition des Verfassungsschutzes orientieren. Zu diesen Einstellungen ließen die Autoren im Sommer 2014 durch Infratest dimap eine repräsentative Umfrage durchführen. Außerdem befragten sie 95 Jugendliche in problemzentrierten Interviews zu ihren politischen Einstellungen, darunter 34 als „linksradikal“ eingestufte Personen. Dabei offenbarten sich deutliche Trennlinien zwischen linksradikalen und gemäßigt links eingestellten Jugendlichen. Bei der Bevölkerungsumfrage kam eine eigens entwickelte Linksextremismusskala zum Einsatz, die die Dimensionen Anti‑Kapitalismus, Anti‑Faschismus, Anti‑Rassismus, Demokratiefeindlichkeit, ein dem Kommunismus nahes Geschichtsbild/Ideologie und Anti‑Repression enthält. Einzelne Elemente des Linksextremismus stoßen demnach auf einen hohen Zustimmungsgrad in der Gesellschaft; das linksextreme Personenpotenzial beziffern die Autoren zudem auf immerhin 17 Prozent. Schroeder und Deutz‑Schroeder schließen mit diesem Werk eine wesentliche Lücke in der Auseinandersetzung mit dem Linksextremismus. Es eignet sich sowohl für den wissenschaftlichen Bereich als auch für Journalisten, Pädagogen und Mitarbeiter von Sicherheitsbehörden.
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Rubrizierung: 2.37 Empfohlene Zitierweise: Dirk Burmester, Rezension zu: Klaus Schroeder / Monika Deutz-Schroeder: Gegen Staat und Kapital – für die Revolution! Frankfurt a. M. u. a.: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38601-gegen-staat-und-kapital--fuer-die-revolution_46963, veröffentlicht am 02.07.2015. Buch-Nr.: 46963 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken