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Christian Hoffmann / Anika D. Luch / Sönke E. Schulz / Kim Corinna Borchers

Die digitale Dimension der Grundrechte. Das Grundgesetz im digitalen Zeitalter

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2015 (DIVSI-Perspektiven 2); 221 S.; brosch., 57,- €; ISBN 978-3-8487-2027-9
Die Frage nach der Bedeutung des Grundgesetzes im digitalen Zeitalter stellt sich nicht erst seit der Veröffentlichung geheimdienstlicher Dokumente durch Edward Snowden, besitzt aber inzwischen eine noch größere Dringlichkeit. Und auch jenseits spektakulärer Geheimdienstenthüllungen ist die Frage nach der Internet‑Kompatibilität deutscher Grundrechte bedeutsamer denn je, weil sowohl banale als auch höchst persönlichkeitsrelevante Handlungen zunehmend ins Internet verlagert werden. Prinzipiell gilt zwar auch dort die uneingeschränkte Gültigkeit des Grundgesetzes, die Wirklichkeit sieht freilich oft anders aus. Das Buch schließt dabei eine erstaunliche Lücke: Obgleich es zu zahlreichen Sachverhalten entsprechende Urteile gibt, hat die Rechtswissenschaft bislang noch nicht die Folgen des digitalen Wandels für die Wirkungsweise und Schutzbereiche des Grundgesetzes systematisch untersucht. Den Autor_innen dieses Bandes, der das Ergebnis eines Forschungsprojekts des Lorenz‑von‑Stein‑Instituts für Verwaltungswissenschaften an der Universität Kiel darstellt, ist dabei bewusst, dass – aufgrund der Rasanz technologischer Innovationen – ihre Darstellung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben sie dennoch alle wesentlichen Aspekte und Problemstellungen geprüft, wenngleich manches nur wenig Raum erhält und beispielsweise die Kryptografie eher nur gestreift wird. Das vom Bundesverfassungsgericht geprägte Recht auf informationelle Selbstbestimmung hingegen wird beispielsweise hinreichend erörtert. Neben ‚typischen‘ Fragestellungen nach Cybermobbing, Netzneutralität, Meinungsfreiheit, Datenschutzkonzepten oder Online‑Durchsuchungen findet sich in dem Buch auch eine Vielzahl bislang weniger beachteter Aspekte, etwa zur Religionsfreiheit (Online‑Seelsorge), Versammlungs‑ oder Berufsfreiheit. Selbst Eigentums‑ und Erbrecht spielen online eine zunehmende Rolle. Hinsichtlich des Verhaltens mancher Nutzer, die sich in den sozialen Medien freiwillig ihrer Privatsphäre entledigen, greift der grundrechtliche Schutz der Menschenwürde freilich nicht. Aber auch darüber hinaus zeigen die Autor_innen deutlich die realen Grenzen des grundrechtlichen Schutzes im Internet. Hier sei der Gesetzgeber gefordert, „eine grundrechtsadäquate Ordnung unter Privaten herzustellen“ (220).
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Rubrizierung: 2.322.333 Empfohlene Zitierweise: Dirk Burmester, Rezension zu: Christian Hoffmann / Anika D. Luch / Sönke E. Schulz / Kim Corinna Borchers: Die digitale Dimension der Grundrechte. Baden-Baden: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38396-die-digitale-dimension-der-grundrechte_46912, veröffentlicht am 07.05.2015. Buch-Nr.: 46912 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken