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Christian Wehrschütz

Brennpunkt Ukraine: Gespräche über ein gespaltenes Land

Wien/Graz/Klagenfurt: Styria Premium 2014; 309 S.; 24,99 €; ISBN 978-3-222-13474-6
„Ein besser auf die Ukraine und auf ein Buch vorbereiteter Journalist wird im deutschen Kulturraum nicht leicht zu finden sein.“ (7) Erfahrung mit Land und Leuten, Ukrainisch‑ und Russischkenntnisse: Wehrschütz sieht sich als prädestinierten Autor für dieses Thema. Trotzdem wollte er eigentlich kein Buch herausbringen, zumindest nicht jetzt. Der Verlag bestand aufgrund des brandaktuellen Themas auf einer zeitnahen Veröffentlichung. Der ORF‑Journalist war aber mit der tagesaktuellen Berichterstattung ausgelastet und lehnte einen publizistischen Schnellschuss ab. Als Kompromiss einigte man sich auf einen Band mit Gesprächen, die Wehrschütz mit Politikern und Militärs beider Konfliktparteien, Experten und Bürgern führte. Wiktor Juschtschenko, ehemaliger Ministerpräsident und Präsident der Ukraine, spricht über einen Giftanschlag, den er 2004 überlebte, der aber sein Äußeres nach wie vor zeichnet. Auf die Frage, ob er Russland hinter der Tat vermute, antwortet er, dass er daran an sich nicht zweifle, die Frage müsse aber von der Justiz geklärt werden. Putins Strategie in der aktuellen Krise sei es, den Separatisten zu einem legalen Status zu verhelfen und einen sogenannten eingefrorenen Konflikt zu schaffen. Pawlo Klimkin, ukrainischer Außenminister, stellt klar, dass es über die territoriale Integrität seines Landes keine Verhandlungen geben könne und dass es in der russischen Verantwortung liege, die Kämpfe zu beenden. „Russland wird nie mehr ein Imperium sein, egal ob mit der Ukraine oder ohne, weil die Welt sich verändert hat.“ (83) Ina Kirsch, Leiterin des European Centre for a Modern Ukraine, erklärt, dass die Ukraine für Russland vor allem geopolitisch große Bedeutung habe. Außerdem sei die russische Rüstungsindustrie abhängig von der stark spezialisierten ukrainischen Militärtechnik. Weiterhin fürchte Russland die wirtschaftliche Konkurrenz durch ein EU‑Mitglied Ukraine. Die EU habe sich arrogant einem Dialog mit Russland verweigert, daher trage sie Mitschuld am aktuellen Konflikt. Eine anonym bleibende Bewohnerin von Donezk berichtet, dass ihr Betrieb die Arbeit eingestellt habe und sie von Ersparnissen lebe, die Stadt aber nicht verlassen wolle, weil es in ihrem Stadtteil bisher wenig Kämpfe gebe und sie andernorts auf Almosen angewiesen wäre. Der jeweilige Gesprächszeitpunkt wird leider nicht erwähnt, lediglich, dass die Interviews im Zeitraum von April bis September 2014 geführt wurden.
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Rubrizierung: 2.612.252.622.2 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Christian Wehrschütz: Brennpunkt Ukraine: Gespräche über ein gespaltenes Land Wien/Graz/Klagenfurt: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38300-brennpunkt-ukraine-gespraeche-ueber-ein-gespaltenes-land_46536, veröffentlicht am 16.04.2015. Buch-Nr.: 46536 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken