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Ernst Wolff

Weltmacht IWF. Chronik eines Raubzugs

Marburg: Tectum Verlag 2014 (Tectum Sachbuch); 234 S.; 17,95 €; ISBN 978-3-8288-3329-6
Bereits das Cover gibt den Tenor dieses Bandes vor: Eine männliche Hand mit einem Revolver ist auf die Welt gerichtet. Ernst Wolff geht es darum, die Frage zu beantworten, wie es sein kann, „dass eine Organisation, die rund um den Globus solch ungeheures menschliches Leid verursacht, weiterhin ungestraft handeln und auch in Zukunft mit der Unterstützung der mächtigsten Kräfte unserer Zeit rechnen darf“ (11). Die ersten Kapitel zur historischen Entwicklung des Internationalen Währungsfonds sind informativ und – wie der ganze Band – gut lesbar. Allerdings wird auch hier schon ein latent verschwörungstheoretischer Duktus erkennbar, mit dem immer wieder auf unpersonalisierte Mächte, Geheimdienste und Strategen verwiesen wird. Überhaupt wird das Vorgehen des IWF, das dann ab Kapitel 5 an einzelnen Fallbeispielen illustriert wird, als ein durch und durch planvolles, intentionales und eigennutzorientiertes Handeln dargestellt. So habe der IWF beispielsweise mit seiner „durch Kredite erzwungene[n] neoliberale[n] Politik“ erst zur Destabilisierung des Balkans und des Kosovos beigetragen. „Ohne die systematische Vorbereitung durch den IWF wäre die humanitäre Katastrophe der neunziger Jahre auf dem Balkan nicht möglich gewesen“ (79). In ähnlicher Weise beschreibt Wolff auch die Rolle des IWF bei der lateinamerikanischen Schuldenkrise, beim Zusammenbruch der Sowjetunion, in Südafrika, der Argentinien‑Krise sowie der seit 2008 schwelenden Krise in Europa. Keine Frage: Die Abfolge dieser Krisen muss in einem Kontext gesehen und gedeutet werden. Auch die Rolle der nationalen Regierungen, die – wie Wolff zu Recht betont – den IWF immer gestützt haben und noch nie aus dieser Institution ausgetreten sind, bedarf dabei eines besonderen Augenmerks. Die Frage ist nur, ob sich einzelne Maßnahmen und Entscheidungen des IWF mit derart globaler Tragweite tatsächlich auch einzelnen Personen zuschreiben lassen, wie Wolff dies vor allem im zweiten Teil des Buches tut. So wird beispielsweise der frühere geschäftsführende Direktor des IWF, Horst Köhler, „als Wegbereiter der größten Bankenbereicherung“ bezeichnet, die jemals „auf europäischem Boden stattgefunden hat“ (220). Sicherlich gehört der IWF – neben Weltbank und WTO – zu einer der streitbarsten Institutionen, die gegenwärtig die globale Governance in bestimmen. Gleichwohl bleibt die Frage nach konstruktiven und realistischen Reformansätzen und Alternativszenarien. Gerade an dieser Stelle bleibt Wolffs Anklageschrift jedoch mehr als dünn.
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Rubrizierung: 4.34.432.22.33.52.612.652.672.682.22 Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: Ernst Wolff: Weltmacht IWF. Marburg: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38268-weltmacht-iwf_46231, veröffentlicht am 09.04.2015. Buch-Nr.: 46231 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken