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Magnus Brosig

Problem Altersarmut? Reformperspektiven der Alterssicherung

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2013 (Schriften des Zentrums für Sozialpolitik 26); 409 S.; kart., 49,- €; ISBN 978-3-593-50199-4
Diss. Bremen; Begutachtung: K. Hinrichs, F. Nullmeier. – Für die nahe Zukunft wird zahlreichen Studien zufolge ein erhöhtes Armutsrisiko erwartet, das nicht zuletzt mit der jüngeren Rentenreform und ihrer „Tendenz zur Individualisierung“ (10) in Verbindung gebracht wird. Doch zwischen den Problemdiagnosen und Reformvorschlägen einerseits und der Problemwahrnehmung und Handlungsbereitschaft der politischen Akteure andererseits sieht Magnus Brosig eine erstaunliche Diskrepanz, die ihn dazu veranlasst hat, sich umfassend mit den Meinungen und Wertvorstellungen wichtiger politischer Akteure in den Politikfeldern Lebensstandardsicherung und Armutsbekämpfung auseinanderzusetzen. Diese Positionen kontrastiert er mit ausgewählten Reformvorschlägen und Politikmodellen der neueren Debatte um Altersarmut. Damit will der Autor die Aussichten auf eine mögliche Veränderung des Alterssicherungssystems in Deutschland ermitteln. Ausgehend von der Annahme, dass potenzielle Reformkorridore vom Verhältnis der Ansichten der politikrelevanten Akteure zueinander abhängen, stellt er somit weniger die Frage nach der praktischen, sondern der ideellen Eignung denkbarer Vorhaben in den Mittelpunkt seiner Betrachtung. Im empirischen Hauptteil der Arbeit analysiert Brosig das Wissen und die Meinungen der in den vergangenen Jahren überwiegend im Bundestag vertretenen Parteien sowie von Arbeitgebervertretungen, Gewerkschaften, Rentenversicherungsträgern, der Versicherungswirtschaft und den Sozialverbänden vom Ende der 1990er‑Jahre bis 2012, also dem Zeitraum, in dem wesentliche Einschnitte in der Gesetzlichen Rentenversicherung erfolgten. Im Ergebnis stimmen die eruierten Positionen mit den zuvor im Analysemodell vermuteten weitgehend überein. So besteht im Parlament ein grundsätzlicher alterssicherungspolitischer Konsens, von dem einzig die Linkspartei „abweicht und sich als klare Opposition zur umfassenden Reformkoalition der zurückliegenden Jahre versteht“ (271). Die meisten Akteure, insbesondere aber die Gewerkschaften und Sozialverbände, gelten als strukturkonservativ. Die Rentenversicherungsträger, die Arbeitgeberseite und die FDP eint die Wahrnehmung, Altersarmut stelle kein Problem dar. Insgesamt bestätigen die Befunde die vom Autor angenommene „ideelle[.] Trägheit“ (350); Reformkorridore bieten sich allenfalls zu Einzelaspekten der Lebensstandardsicherung. Auf dem Gebiet der Armutsbekämpfung sind Veränderungen nicht zu erwarten, was Brosig darauf zurückführt, dass es den Akteuren um die Aufrechterhaltung des „auch institutionell verankerten Dualismus zwischen langjährig Erwerbstätigen […] und Menschen mit äußerst lückenhaften Erwerbskarrieren“ (371) geht.
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Rubrizierung: 2.3422.3312.35 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Magnus Brosig: Problem Altersarmut? Frankfurt a. M./New York: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38212-problem-altersarmut_46300, veröffentlicht am 26.03.2015. Buch-Nr.: 46300 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken