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Falko Schilling

Die Zeugen Jehovas in der SBZ/DDR 1945 bis 1951. Neuanfang, Behinderung und Verfolgung

Halle (Saale): mdv Mitteldeutscher Verlag 2014 (Studienreihe der Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR in Sachsen-Anhalt 3); 127 S.; brosch., 25,- €; ISBN 978-3-95462-302-0
„‚Der Verwaltung der Sekte ‚Bibelforscher = Zeugen Jehovas‘ wird mitgeteilt, daß sie sich unter den in der sowjetischen Besatzungszone erlaubten Sekten befindet.‘“ (47) Diese knappe Bestätigung der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland ließ die Zeugen Jehovas 1947 auf deutlich bessere Zeiten hoffen, denn während des Nationalsozialismus wurden sie in Konzentrationslager gesperrt und ermordet. Gerade diese Verfolgungsgeschichte führte dazu, dass sie in der Nachkriegszeit in der SBZ als antifaschistisch und damit eher wohlwollend betrachtet wurden. Die Sekte konnte sich deshalb bis 1946 ungehindert reorganisieren. Der evangelische Theologe Falko Schilling stützt sich in seiner Historie der Zeugen Jehovas in der SBZ/DDR hauptsächlich auf Dokumente der Organisation und staatliche Archivalien. „Die von den ZJ erwartete vollkommen ungestörte Religionsausübung trat freilich nicht ein.“ (47) Schon Ende 1947 kam es zu einer verschärften Kontrolle religiöser Gemeinschaften. So wurde etwa keine Druckerlaubnis für die Publikation „Wachtturm“ erteilt und die für die Sekte typische Haustürmission verboten. Je energischer die Organisation gegen staatliche Eingriffe protestierte, umso mehr betätigte sie sich aus Sicht der Besatzungsbehörden unerlaubterweise politisch. Als später deutsche Stellen die Zuständigkeit übernahmen, verschlechterte sich die Lage der Zeugen Jehovas weiter. Sie eskalierte 1950 in einer Verhaftungswelle durch die Staatssicherheit. Unmittelbar darauf wurde der Organisation jegliche weitere Tätigkeit untersagt. Als Verbotsgründe wurden verfassungswidrige Ziele, Hetze gegen Staatsorgane und Spionage für eine imperialistische Macht angegeben. Es folgten zahlreiche weitere Verhaftungen und Verurteilungen. Der Autor zitiert in einer aktualisierten Fußnote aus einem Wikipedia‑Artikel eine Gesamtzahl von über 5.000 Opfern. Unter ihnen befanden sich auch Menschen, die wegen ihrer Religionszugehörigkeit bereits unter den Nationalsozialisten verfolgt worden waren. Die Sekte reagierte durch einen erneuten Gang in die illegale Untergrundarbeit. Schilling hatte seine Studie schon 1998 in Magdeburg als wissenschaftliche Hausarbeit zur Zweiten Theologischen Prüfung eingereicht. In überarbeiteter Form wurde sie nun in einer Studienreihe der Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes in Sachsen‑Anhalt neu veröffentlicht. In einem zusätzlichen Vorwort reflektiert der Autor den momentanen Stand der Forschung sowie neu erschienene Publikationen zum Thema.
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Rubrizierung: 2.314 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Falko Schilling: Die Zeugen Jehovas in der SBZ/DDR 1945 bis 1951. Halle (Saale): 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38096-die-zeugen-jehovas-in-der-sbzddr-1945-bis-1951_46375, veröffentlicht am 19.02.2015. Buch-Nr.: 46375 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken