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Carsten Dethlefs

Soziale Gerechtigkeit in Deutschland. Eine historische Analyse des kontraktualistischen Gerechtigkeitsverständnisses nach John Rawls in der deutschen Wissenschaft und Politik

Marburg: Metropolis-Verlag 2013 (Hochschulschriften 142); 459 S.; 39,80 €; ISBN 978-3-7316-1025-0
Diss. Frankfurt a. M.; Begutachtung: B. Schefold, G. Minnameier. – Carsten Dethlefs verbindet in seiner Studie zwei Frage‑ beziehungsweise Analyseebenen. Einerseits geht es ihm um die Rekonstruktion des Wandels des Konzepts der sozialen Gerechtigkeit: So hat er „es sich [...] zum Ziel gesetzt, die Diskussion um die soziale Gerechtigkeit ausgehend vom Konzept der Sozialen Marktwirtschaft in der bundesdeutschen Geschichte nachzuzeichnen und den Wandel der Sozialidee festzustellen“ (19). Andererseits geht es auch um eine normative Bewertung dieses Wandels: „Um den Sozialdiskurs in Deutschland nach 1945 bewerten zu können, soll dieser […] an den Leitvorstellungen der sozialen Gerechtigkeit des US‑amerikanischen Philosophen John Rawls, der die ‚Gerechtigkeit als Fairness’ konzipierte, orientiert werden.“ (20) Ein solches Unternehmen ist komplex und sehr voraussetzungsvoll: Nicht nur, dass Dethlefs eine konzeptionelle Nähe über jegliche Disziplingrenzen und Theorieschulen hinweg annimmt, er unterstellt auch, dass sich ein im politischen wie wissenschaftlichen Feld manifestierender Diskurs – eigentlich sind das doch eher zwei Diskurse – über Gerechtigkeit anhand der tatsächlichen Praxis in der sozialen Marktwirtschaft, noch dazu nach Alfred Müller‑Armack, rekonstruieren lasse. Nimmt man all diese Vorannahmen und Festlegungen hin, findet sich – auf der Basis der Auswertung ausgewählter Positionen einflussreicher Personen und entsprechender Sekundärliteratur – der zentrale Befund, wonach „eine Gesellschaft nur funktionieren [könne], wenn Unterschiede im Einkommen und Vermögen zugelassen werden.“ Und weiter: „Trotz der Schwäche einiger Gesellschaftsmitglieder ist jedermann in der Lage, im Rahmen einer kontraktualistischen Situation einen Anteil zum Gelingen des gesellschaftlichen Miteinanders zu leisten.“ (440) Präziser hätte man das nach über vierhundert Seiten Analyse – eine detailreiche Rekonstruktion der Theorie von Rawls eingeschlossen – wahrlich nicht formulieren können.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.425.452.3132.3312.3152.3422.354.43 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Carsten Dethlefs: Soziale Gerechtigkeit in Deutschland. Marburg: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37773-soziale-gerechtigkeit-in-deutschland_45194, veröffentlicht am 13.11.2014. Buch-Nr.: 45194 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken