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Werner Weidenfeld / Wolfgang Wessels (Hrsg.)

Jahrbuch der Europäischen Integration 2013

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013; 538 S.; 64,- €; ISBN 978-3-8487-0518-4
Das Jahrbuch ist ein verlässlicher Sachstandsmesser der jeweiligen Europaforschung beziehungsweise der Politik der EU. Schon wegen seiner Struktur und der eingeführten Autorenschar – vornehmlich aus der deutschen Community – wird Kontinuität gewahrt. Etwas problematisch ist der Untersuchungszeitraum, der sich nicht mit dem Kalenderjahr deckt, sondern sich immer von einer Jahreshälfte zur anderen erstreckt. In Krisenzeiten ist dies etwas misslich, da so aktuelle Ereignisse nur bedingt Berücksichtigung finden. In diesem Band werden damit die Monate von Mitte 2012 bis Mitte 2013 beleuchtet. Dabei fragt man sich, warum zum Beispiel die neue Rolle der EZB zwar verschiedentlich erwähnt, jedoch kaum hinreichend kritisch als neues Gravitationszentrum der EU gewürdigt wird. Möglicherweise gründet dies auch in der allenfalls begrenzten theoretischen Unterfütterung der Beiträge, die sich vor allem als Sachstandsberichte einer jährlich fortgeführten Chronik zu einzelnen Aspekten des Integrationsprozesses verstehen. Als solche tragen sie jedoch zu einem umfassenden Gesamtbild der EU und ihrer Mitgliedstaaten bei. Allerdings wirkt der Umgang mit der Finanz‑ und Wirtschaftskrise stellenweise eigentümlich nüchtern – als handele es sich dabei entweder um ein isolierbares oder nun erst einmal vernachlässigbares Spezialproblem, da die schwersten Ausschläge überstanden zu sein scheinen. Insofern vermag die Klage von Weidenfeld, dass die „politische Klasse […] normativ ausgetrocknet und offenbar überfordert“ sei, nicht wirklich zu überzeugen – zumal eigene normative „Begründungskonstellationen“ (13) aus der Wissenschaft ebenfalls rar sind. Dies belegt auch der hilfreiche Beitrag von Gläser und Wessels, die eine Übersicht zu den aktuellen Strömungen in der wissenschaftlichen Debatte geben. Jedoch lässt sich auch dieser Analyse nicht explizit entnehmen, welche Weiterentwicklungen es im Bereich der Integrationstheorien gegeben hat. Einen besonderen Mehrwert liefern die Beiträge des fünften Kapitels zur politischen Infrastruktur. Auch wenn man die Grafiken zu den Einstellungsmustern der Bevölkerung in der Bundesrepublik nur bedingt entschlüsseln kann, so bleibt doch anzuerkennen, dass hier entsprechende Erhebungen der Krisenjahre in den größeren Kontext gestellt werden. Hilfreich sind auf jeden Fall auch wieder die Kurzanalysen zu den EU‑Policies sowie zur Situation in den einzelnen Mitgliedstaaten. Als Einstieg und für einen prägnanten Überblick über die jeweilige Materie eignen sie sich allemal.
Henrik Scheller (HS)
Dr. phil., Dipl.-Politologe, wiss. Mitarbeiter, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl Politik und Regieren in Deutschland und Europa, Universität Potsdam.
Rubrizierung: 3.13.23.33.43.53.63.7 Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: Werner Weidenfeld / Wolfgang Wessels (Hrsg.): Jahrbuch der Europäischen Integration 2013 Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37696-jahrbuch-der-europaeischen-integration-2013_45590, veröffentlicht am 23.10.2014. Buch-Nr.: 45590 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken