Skip to main content
Lulavere Dervishaj

Delegitimierung der EULEX-Mission durch die Bevölkerung des Kosovo

Hamburg: Verlag Dr. Kovač 2013 (Schriften zur internationalen Politik 44); 180 S.; 75,80 €; ISBN 978-3-8300-7451-9
Diss. Oldenburg. – Die European Union Rule of Law Mission (EULEX) bemüht sich seit 2009 um die Stärkung der rechtsstaatlichen Institutionen des Kosovo und stellt die erste und bisher einzige Mission dieser Art überhaupt dar. Dass sie angesichts ihrer schwierigen Aufgabe vor enormen Herausforderungen steht, ist in den fünf Jahren seit ihrer Entsendung offensichtlich geworden. Vor diesem Hintergrund fragt Lulavere Dervishaj, „welche konkreten Schwierigkeiten die zivile EU‑Mission seit ihrer Aussendung in das Kosovo zu bewältigen hat“ und welche möglichen Vor‑ und Nachteile eine „derart gestaltete Mission für die Zukunft des Kosovo“ (10) hat. Das wissenschaftliche Anliegen der Autorin ist somit klar; bereits die grundlegende Hypothese sowie die theoretische und methodische Herangehensweisen sind dies allerdings nicht mehr. Wenn die Autorin in ihrer zentralen Hypothese davon ausgeht, dass „die EULEX neoinstitutionelle Gesellschaften im Kosovo aufbaut“ (44), schafft sie damit ein Konzept, das bei der Erklärung der Schwierigkeiten von Friedens‑ oder Stabilisierungsmissionen, Staatlichkeit mitsamt ihrer institutionellen Voraussetzung nach westlichem Muster zu etablieren, nicht weiterhilft. Nach Dervishajs Definition „wird eine institutionelle Gesellschaft durch ihre staatlichen Institutionen abgesteckt und anhand dieser kann eine Gesellschaft als ‚institutionell‘ bezeichnet werden“ (38) – ein gedanklicher Zirkelschluss. Ebenfalls unverständlich bleibt, was Dervishaj mit dem titelgebenden Konzept der Delegitimierung meint. Sie leitet bereits zu Anfang ihrer Untersuchung her, warum es für die Bevölkerung des Kosovo schwierig ist, EULEX die Legitimität abzusprechen. Während ihre Ausführungen hierzu nachvollziehbar sind, verwirrt allerdings die Definition des Prinzips der Delegitimation als „zentraler Indikator für politische Herrschaft, durch die eine Gesellschaft die Legitimität ihrer politischen Führung aus unterschiedlichen Prozessen heraus betrachten kann“ (25). Der methodische Ansatz der Analyse präsentiert sich ebenfalls als problematisch. Dervishaj erläutert ihr Verständnis von abhängigen und unabhängigen Variablen nicht nur ohne diese für ihre Untersuchung selbst zu benennen, ihre Erklärung am Beispiel eines experimentellen Untersuchungsdesigns deutet auch darauf hin, dass sie das Konzept nicht wirklich verstanden hat. Die Untersuchung orientiert sich zudem lediglich lose an den formellen Kriterien für eine wissenschaftliche Arbeit und das fünfte Kapitel, das lediglich aus den Transkripten der zwei für diese Dissertation geführten Interviews besteht, wäre im Anhang der Arbeit besser aufgehoben.
Christian Patz (CPA)
M.A., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Institut für Sozialwissenschaften, Fachbereich Politikwissenschaft, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Rubrizierung: 3.6 | 2.61 | 4.41 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Lulavere Dervishaj: Delegitimierung der EULEX-Mission durch die Bevölkerung des Kosovo Hamburg: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37651-delegitimierung-der-eulex-mission-durch-die-bevoelkerung-des-kosovo_45892, veröffentlicht am 09.10.2014. Buch-Nr.: 45892 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken