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Sarhan Dhouib (Hrsg.)

Demokratie, Pluralismus und Menschenrechte. Transkulturelle Perspektiven

Weilerswist: Velbrück Wissenschaft 2014; 282 S.; 29,95 €; ISBN 978-3-942393-69-0
Als Brückenschlag zwischen deutschen und arabischen Wissenschaftlern konzipiert, enthält der Sammelband grundsätzlich dialogisch angelegte Beiträge zu den in der globalisierten Moderne alles andere als selbstverständlichen, geschweige denn selbsterklärenden Themenfeldern Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte. Indem jede in einem Beitrag entwickelte Position durch eine Erwiderung begleitet wird, handelt es sich um eine gelungene konzeptionelle Antwort auf die in jüngerer Vergangenheit immer wieder thematisierte Problematik des Exports westlicher Werte in andere Teile der Welt. Die konzeptionelle Qualität geht mit einer hohen Belastbarkeit und gegenwartsdiagnostischen Relevanz der vorgetragenen Inhalte einher. Matthias Katzer untersucht in seinem Beitrag die theoriegeschichtlichen Quellen – etwa die Werke von Rawls oder Nussbaum –, die die Behauptung stützen, wonach die liberale Demokratie tatsächlich die bestmögliche Organisationsform gesellschaftlicher Pluralität darstellt. Dies vorausgeschickt, stellt sich ihm dennoch die Frage, „ob sich die Institutionen der liberalen Demokratie gegenüber allen Mitgliedern der Gesellschaft rechtfertigen lassen“ (43). Nach Katzer kann dies nur gelingen, wenn die mit einem liberal‑demokratischen Institutionengefüge konfrontierten Bürgerinnen und Bürger bereit sind, die grundsätzliche Option der Fehlbarkeit der eigenen Weltanschauung anzuerkennen. In seiner Erwiderung auf Katzer fokussiert der marokkanische Philosoph Mohamed Lachhab die prozedurale Dimension der Stabilisierung einer pluralistischen Gesellschaft durch liberal‑demokratische Institutionen. Deliberation und Rechtfertigung lauten für ihn die Konzepte, auf deren Anwendung beziehungsweise Umsetzung alle Bürgerinnen und Bürger ein Recht haben sollten. Dass Lachhab sich dabei wesentlich auf Autoren wie Rawls, Sandel und Forst bezieht, kann als Indiz dafür interpretiert werden, dass ein genuin westliches Konzept wie die liberale Demokratie, wenn man es in seine funktionalen Konzepte zerlegt, durchaus auch jenseits westlicher Gesellschaften anwendbar ist – ja sogar eingefordert wird. Wenn es also keinen Universalismus politischer Ordnungsformen gibt, vielleicht gibt es dann ja wenigstens einen Universalismus ihrer Funktionen.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.2 | 4.42 | 5.41 | 2.21 | 2.22 | 2.61 | 2.63 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Sarhan Dhouib (Hrsg.): Demokratie, Pluralismus und Menschenrechte. Weilerswist: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37540-demokratie-pluralismus-und-menschenrechte_44957, veröffentlicht am 18.09.2014. Buch-Nr.: 44957 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken