Die Frage nach öffentlicher oder privater Organisation wohlfahrtsstaatlicher Aufgaben stellt gewissermaßen die inhaltliche Klammer des ansonsten weit gefächerten Sammelbandes dar. So beschreiben die Herausgeber die Entwicklung hin zu einem starken Wohlfahrtsstaat, der auch für die Sicherstellung eines bestimmten Umfangs von Verteilungsgerechtigkeit verantwortlich ist. Im letzten Kapitel, das mit OECD‑Daten aus 28 Ländern arbeitet, zeigen Kees Goudswaard und Koen Caminada schließlich, dass insbesondere das Verdrängen staatlicher Sozialpolitik und deren Ersatz durch die zunehmend private Organisation sozialer Sicherung die Umverteilungsfunktion des Staates nachweislich einschränkt. Die von den Herausgebern gewählte weite Perspektive bietet unter anderem Raum für die Darstellung des Konzepts der strukturellen Gewalt (Johan Galtung), der Einflussnahme über Medien durch Agenda‑Setting und Medien‑Framing (Heinz Bonfadelli) und der vertragstheoretischen Grundlagen demokratischer Legitimität. Letztere werden als Möglichkeit der Einordnung des Widerspruchs von (demokratischem) Konsens und der Ausübung von Macht in einem (demokratischen) Herrschaftssystem vorgestellt (Tornike Kesheleva und Marcel Alexander Niggli). Mit Arbeits‑, Bildungs‑ und Familienpolitik sowie sozialen Dienstleistungen werden verschiedene Arenen betrachtet, in denen Macht erstritten, ausgeübt und auch infrage gestellt wird. Ein wirkliches Fazit kann, nicht zuletzt wegen der fehlenden thematischen Engführung, nicht gezogen werden. Deutlich wird jedoch, dass die Konzepte „privat“ und „wohlfahrtsstaatlich“ in einem fast genuin zu nennenden Spannungsverhältnis stehen. Macht schließlich, verstanden als individuelle oder kollektive Kategorie, kann dazu beitragen, Missstände als Folge des sozialen Wandels zu zementieren oder aber Fehlentwicklungen wirksam entgegenzutreten.