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Martin Birkner

Lob des Kommunismus 2.0

Wien: Mandelbaum Verlag 2014 (kritik & utopie); 107 S. ; brosch., 10,- €; ISBN 978-3-85476-625-4
Martin Birkner scheint sich sehr wohl bewusst zu sein, gegen welche Blockaden er mit einem Plädoyer für den Kommunismus anschreibt. Er stellt dem seine Zuversicht entgegen, dass „gerade der Kommunismus eine, ja die beste Alternative zur gegenwärtigen Wirtschafts‑ und Gesellschaftsordnung darstellt“ (24). Als ein politisches Schlagwort ist dieser dabei erst einmal nicht mehr als die schon von Marx benannte Bewegung, die den aktuellen Zustand aufhebt. Diese Betonung sichert Birkner auch davor ab, einfach nur ein weiteres Projekt des Realsozialismus auszuheben, von dessen Geschichte er sich bewusst abgrenzt. Stattdessen stehe der Kommunismus 2.0 als eine politische Großerzählung im Zusammenhang der Möglichkeiten der digitalen Revolution, der veränderten Verhältnisse, aus denen er sich verwirklichen kann. Daher geht Birkner von einer klassenkämpferischen Perspektive auf soziale Bewegungen aus und nicht von der klassisch marxistischen Analyse der kapitalistischen Verhältnisse. Seine Beobachtungen der schon im aktuellen Kapitalismus enthaltenen Elemente einer kommunistischen Bewegung stützt sich vor allem auf eine operaistische sowie postoperaistische Tradition und damit letzten Endes auf Hardt und Negris Perspektive der Multitude. In den postfordistischen Transformationen des Kapitalismus hin zur Hegemonie immaterieller Arbeit und dem ausufernden biopolitischen Zugriff auf die Individualsubjekte sei die Produktion einer kommunistischen Gesellschaft bereits angelegt und „im Rahmen einer politischen Neuzusammensetzung der Multitude [kann] ein neues kommunistisches Projekt entstehen“ (60). Die Veränderungen des Kapitalismus zu erkennen, ermögliche eben auch die notwendige Neukonzeption der Strategien einer kommunistischen Bewegung, denn „wer an einem ahistorischen Blick auf die Verhältnisse leidet, wird wohl oder übel zu altbekannten und heute wirkungslosen Rezepten greifen“ (75). Birkners Empfehlung geht daher in die Richtung einer Commons‑Ökonomie mit demokratischer Planung, wobei die Überwindung des liberalen oder repräsentativen Demokratieverständnisses vorausgesetzt wird. Seine sehr wohl scharfsinnige Argumentation von einer ambitioniert (klassen‑)kämpferischen Position aus verfängt sich aber an mancher Stelle in den Unzulänglichkeiten des eigenen Optimismus.
Alexander Struwe (AST)
B. A., Politikwissenschaftler, Student, Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Rubrizierung: 5.435.422.22 Empfohlene Zitierweise: Alexander Struwe, Rezension zu: Martin Birkner : Lob des Kommunismus 2.0 Wien: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37268-lob-des-kommunismus-20_44254, veröffentlicht am 10.07.2014. Buch-Nr.: 44254 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken