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Tanjev Schultz / Klaus Hurrelmann (Hrsg.)

Die Akademiker-Gesellschaft. Müssen in Zukunft alle studieren?

Weinheim/Basel: Beltz Juventa 2013 (Pädagogische Streitschriften); 231 S.; 19,95 €; ISBN 978-3-7799-2753-2
Jahrelang appellierten Unternehmen, Gewerkschaften und Politiker aller Couleur an junge Menschen, ein Studium aufzunehmen – mit Erfolg: Im Wintersemester 2012/13 studierten in Deutschland 2,5 Millionen Personen. Zwischen dem Wintersemester 2000/01 und dem Wintersemester 2012/13 hat sich die Zahl der Studierenden damit um 38,9 Prozent erhöht. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen. Seit einigen Jahren mehren sich jedoch Stimmen in Wirtschaft, Politik und Hochschulen, die vor einer Über‑Akademisierung des deutschen Bildungswesens warnen. Wissenschaftler und Publizisten, Wirtschafts‑ und Gewerkschaftsvertreter, Studierende und Lehrkräfte sprechen sich in diesem Band aus ihren jeweils unterschiedlichen Blickwinkeln entweder für oder wider – dies war explizit der Auftrag des Herausgeberteams – die Akademisierung unserer Gesellschaft aus. Andere Autoren befassen sich grundlegend mit der Entwicklung des Bildungssystems und der Frage, ob und wie sich der Trend zur Akademisierung fortsetzt, welche Auswirkungen dies auf die Gesellschaft, die Wirtschaft und die Bildungsinstitutionen hat und wie dieser Wandel zu gestalten ist. So sieht etwa Joachim Lohmann keine Zukunft für die Dualität von beruflicher und akademischer Bildung, da die berufliche Bildung sich nicht mehr mit den Qualifikationsbedürfnissen der Wirtschaft decke und sich nur mit einem Studium für alle die zunehmende ökonomische Ungleichheit wieder verringern lasse. Demgegenüber warnt Heinz‑Peter Meidinger vor möglichen negativen Folgen des Studiums für alle – beispielsweise Niveauverlust und Inflationierung von Bildungszertifikaten – und verweist auf die stark ausgeprägte Jugendarbeitslosigkeit in Ländern mit hohen Akademikerquoten wie Italien, Spanien und Frankreich. Unabhängig davon, ob eine weitere Akademisierung von den jeweiligen Autoren befürwortet oder abgelehnt wird, besteht Einigkeit in der Erwartung, dass es eine weiter zunehmende Orientierung hin zum Hochschulstudium geben wird. Daher raten die Herausgeber in ihrer Schlussbetrachtung dazu, ein in sich geschlossenes Bildungsangebot im Sinne des in Ansätzen mittlerweile in vielen Bundesländern verwirklichten Zwei‑Wege‑Modells im Sekundarbereich zu schaffen. Es sollte im Hochschulbereich weitergeführt werden und neben der klassischen Universität Hochschulen, Fachhochschulen und duale Hochschulen zusammenfassen zu „Universities of Applied Sciences“ mit einem Studienangebot, das idealerweise theoretische und berufspraktische Qualifikationen miteinander verbindet.
Julia Schmidt-Häuer (JSH)
Dr., Referentin im wissenschaftlichen Dienst der SPD-Bürgerschaftsfraktion in Bremen.
Rubrizierung: 2.343 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Julia Schmidt-Häuer, Rezension zu: Tanjev Schultz / Klaus Hurrelmann (Hrsg.): Die Akademiker-Gesellschaft. Weinheim/Basel: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37255-die-akademiker-gesellschaft_45619, veröffentlicht am 03.07.2014. Buch-Nr.: 45619 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken