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Christian H. Stifter

Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration. US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Neuorientierung österreichischer Wissenschaft 1941-1955

Wien/Köln/Weimar: Böhlau Verlag 2014; 755 S.; 49,- €; ISBN 978-3-205-79500-1
Diss. Wien; Begutachtung: O. Rathkolb. – Die Rolle, die die Vereinigten Staaten von Amerika nach der militärischen Niederlage der Achsenmächte im Zweiten Weltkrieg nicht nur politisch, sondern auch kulturell spielten, ist nach Ansicht von Christian Stifter kaum zu überschätzen. Der Sieg über das nationalsozialistische Deutschland sei dabei nicht nur ein militärischer Erfolg, sondern auch das Resultat einer geistigen Mobilmachung gewesen, was die US‑amerikanischen Überlegungen zur Nachkriegsdemokratisierung nachhaltig geprägt habe. Der Autor versteht seine Studie sowohl als Politik‑, Diplomatie‑ und Gesellschaftsgeschichte, jedoch nicht als eine Diskursgeschichte der Reeducation. Vielmehr sieht er sie als eine zeithistorische Arbeit an, die den Cold War Studies zuzuordnen ist. Stifter geht es folglich um die Implementierung der Pläne zur Reeducation in zivile und militärische Entscheidungsprozesse, die er am Beispiel der österreichischen Universitätslandschaft zwischen 1941 und 1955 beleuchtet. Der Zusammenhang zwischen der alliierten Militärpräsenz in Österreich und der Entwicklung einer post‑nazistischen Wissenschaftskultur interessiert Stifter dabei ausdrücklich. Im Mittelpunkt steht insbesondere die Frage, ob und inwiefern diese Präsenz Einfluss auf den universitären Wiederaufbau genommen hat. Der Autor gelangt zu dem Ergebnis, dass die Demokratisierung des geistig‑kulturellen Lebens, mit Blick auf die akademisch‑universitäre Erneuerung, nur mäßig erfolgreich war. Dies lag unter anderem an den seit Jahrzehnten tradierten Stereotypen gegenüber der amerikanischen Massenkultur. Die Reeducation zielte daher von Beginn an auf die Verbreitung eines positiven Bildes des sogenannten American Way of Life, so Stifter. Erst in den 1970er‑Jahren trug dieses Konzept Früchte, als sich die Jugend Österreichs von konservativ‑autoritären Lebensentwürfen ab‑ und der amerikanischen Populärkultur zuwandte.
Patrick Stellbrink (PS)
M. A., Politikwissenschaftler, Promovend an der TU Chemnitz.
Rubrizierung: 4.14.222.232.42.64 Empfohlene Zitierweise: Patrick Stellbrink, Rezension zu: Christian H. Stifter: Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration. Wien/Köln/Weimar: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37222-zwischen-geistiger-erneuerung-und-restauration_45447, veröffentlicht am 26.06.2014. Buch-Nr.: 45447 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken